07.04.2011. Dass bestimmte Ärzte als „Oberarzt“ bezeichnet werden, ist nicht neu. Allerdings gab es bisher keinen einheitlichen Gebrauch des Begriffs. Was die Bezeichnung im Einzelnen hieß, hinsichtlich Vergütung und Stellung im Krankenhaus, war vom Einzelfall, von der jeweiligen Ausgestaltung des Vertrages abhängig. Und weil bisher nirgends einheitlich geregelt war, was denn nun ein Oberarzt ist, gab es auch keine einheitlichen Rechtsfolgen, die an den Status anknüpften.
Seit am 30.06.2010 der vom Marburger Bund und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) geschlossenen Tarifvertrag für Ärzte an Universitätskliniken ("TV-Ärzte/TdL") in Kraft getreten ist, gibt es erstmals eine tarifliche Vergütungsgruppe für Oberärzte. Wer Oberarzt im Sinne des § 12 TV-Ärzte/TdL ist, kann Vergütung nach dessen Vergütungsgruppe „Ä 3“ verlangen. Das ist für Ärzte sehr, für Arbeitgeber weniger attraktiv. Verständlich, dass die Gerichte häufig mit entsprechenden Klagen beschäftigt sind. Zumal viele Ärzte, die jahrelang als Oberärzte bezeichnet wurden, nun nicht nach „Ä 3“ bezahlt werden.
Vergütung nach dem TV-Ärzte/TdL erfordert, dass dieser überhaupt anwendbar ist. Hier gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder die Vertragsparteien sind kongruent tarifgebunden. D.h. der Arzt ist Mitglied im Marburger Bund und der Arbeitgeber Mitglied in der TdL ist. Oder der Arbeitsvertrag verweist auf den TV-Ärzte.
Danach kommt es darauf an, ob der Arzt auch Oberarzt im Sinne des TV-Ärzte ist. Nach § 12 TV-Ärzte/TdL ist das der Fall, wenn
- dem Arzt, die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist
oder
- es sich bei dem Arzt um einen Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion handelt, für die der Arbeitgeber eine abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert.
Bereits in einer Entscheidung vom 9.12.2009 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) Grundsätze dafür aufgestellt, wann die Voraussetzungen vorliegen (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.2009, 4 AZR 841/08). In der vorliegenden Entscheidung vom 25.08.2010 hat es diese Voraussetzungen erneut bestätigt und präzisiert (BAG, Urteil vom 25.08.2010, 4 AZR 23/09).
Die „medizinische Verantwortung“ nach Nr. 1 in § 12 TV-Ärzte/TdL trägt nur, wer ein Aufsichts- und - teilweise eingeschränktes - Weisungsrecht hinsichtlich des medizinischen Personals hat. Dem Oberarzt muss dabei mindestens ein Facharzt der Entgeltgruppe Ä 2 unterstellt sein. Die Verantwortung muss sich auf das spezifisch Medizinische beziehen. Rein organisatorische Befugnisse reichen also nicht, die Weisungsbefugnis muss fachlich sein. Damit einher geht: Oberarzt kann nur sein, wer auch noch als Arzt tätig ist.
Außerdem ist erforderlich, dass die Verantwortung für den Bereich ungeteilt bei ihm liegt. Damit ist klar: Sind zwei Ärzten dieselben Befugnisse eingeräumt, ist keiner Oberarzt im Sinne des TV-Ärzte - Es kann also nur einen geben.
Letzteres gilt nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG) „in der Regel“. Wann es Ausnahmen zulassen will, ist aber völlig unklar. Mit der Formulierung hält es sich wohl nur die Möglichkeit offen, im Einzelfall anders zu entscheiden, ohne die Rechtsprechung ändern zu müssen. Zudem verteilt es so die Darlegungslast: Gibt es zwei gleichgeordnete Ärzte, so muss, wer dennoch eine Ä 3 Vergütung verlangt, im Prozess darlegen, dass ein Ausnahmefall vorliegt.
Entscheidend für eine Bezahlung als Oberarzt nach dem TV-Ärzte/TdL ist: Die genannten Voraussetzungen müssen tatsächlich vorliegen. Es reicht also nicht aus, dass der Arzt auch etwa nach außen hin, durch ein Schild am Büro oder in einem Vorlesungsverzeichnis, als Oberarzt bezeichnet wird. Oder, dass er vom Chefarzt zum Oberarzt „ernannt“ wurde. Auch dann nicht, wenn jener verbindliche Erklärungen für den Arbeitgeber abgeben kann oder dieser einverstanden ist. Eine Bezeichnung als Oberarzt im Arbeitsvertrag reicht ebenfalls nicht aus. Nicht einmal die ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, dem betreffenden Arzt sei die medizinische Kompetenz im Sinne des TV-Ärzte/TdL zugewiesen, begründet Vergütungsansprüche nach der ersten Alternative der Vergütungsgruppe Ä3. Es kommt ausschließlich darauf an, ob deren Voraussetzungen wirklich erfüllt sind.
Hinsichtlich der zweiten Alternative hat das BAG wenigstens soviel klargestellt: Es reicht nicht irgendeine besondere Funktion, die eine Weiterbildung erfordert. Es muss sich um eine Kompetenz nach der Weiterbildungsordnung handeln. Eine Kompetenz also, die Gegenstand einer Prüfung vor den Ärztekammern ist.
Im konkreten Fall hat das BAG die Klage einer Zahnärztin an einer Uniklinik auf Vergütung nach der Entgeltgruppe „Ä 3“ abgewiesen (BAG, Urteil vom 25.08.2010, 4 AZR 23/09). Die Klägerin war im Vorlesungsverzeichnis als Oberärztin benannt. In Ihrer Abteilung hatte sie sowohl organisatorische als auch medizinische Kompetenzen. Allerdings war sie gegenüber keinem Facharzt weisungsbefugt. Zudem gab es in ihrer Abteilung einen weiteren (Ober)Arzt, der dieselben Befugnisse wie sie hatte. Sie hatte überdies zwar eine besondere Verantwortung für einen speziellen Bereich und hierfür auch eine Weiterbildung absolviert. Aber nicht durch eine Prüfung vor der Ärztekammer.
Für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern, die vom TV-Ärzte/VKA erfaßt sind, ist diese Rechtsprechung ebenfalls von Bedeutung. Denn § 16 TV-Ärzte/VKA sieht ebenfalls die Entgeltgruppe „Oberärzte“ in der Variante „medizinische Verantwortung“ vor.
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Letzte Überarbeitung: 18. April 2012