Der Begriff der Eingruppierung wird meist so oder ähnlich definiert:
"Eingruppierung ist die Zuordnung des Arbeitnehmers und der von ihm auszuübenden Arbeit zu einer bestimmten Vergütungsgruppe innerhalb eines kollektiven Vergütungsschemas."
Die Vergütungsgruppe enthält die allgemeinen Merkmale, die Arbeitnehmer und/oder ihre Tätigkeiten aufweisen müssen, um sie dieser Vergütungsgruppe zuordnen zu können. Das kollektive Vergütungsschema ist in aller Regel ein Tarifvertrag, der in einem Betrieb angewandt wird, kann aber in einem Betrieb mit kirchlicher Trägerschaft auch in Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) bestehen.
Eine Eingruppierung ist im Regelfall eine rein gedankliche Leistung, d.h. ein Vorgang der "Rechtserkenntnis", da der Rechtsanwender "nur" überprüft, ob ein bestimmter konkreter (individueller) Arbeitnehnmer bzw. die von ihm konkret auszuübende Arbeit den abstrakten (allgemeinen, generellen) Merkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe entspricht - oder eben nicht entspricht.
So verlangen eine tarifliche Eingruppierungsmerkmale z.B. eine "abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung" oder sie schreiben vor, dass eine Arbeitsaufgabe "gründliche Fachkenntnisse" voraussetzt oder dass sie "selbständige Leistungen" erfordert und darüber hinaus vielleicht sogar durch eine "besondere Schwierigkeit" gekennzeichnet ist. Indem man im Einzelfall überprüft, ob solche abstrakten Merkmale einer Vergütungsgruppe auf einen konkreten Einzelfall passen, d.h. in diesem Einzelfall vorliegen, nimmt man eine Eingruppierung vor.
Vorzunehmen ist eine solche Eingruppierung vom Arbeitgeber, praktisch gesehen also von den Mitarbeitern der Verwaltung bzw. der Personalabteilung. Je nachdem, ob ein Arbeitnehmer bzw. seine Arbeitsaufgaben die Merkmale einer eher hohen oder eher geringen Vergütungsgruppe erfüllt, ist seine Bezahlung entsprechend der für diese Gruppe vorgesehenen Vergütung eher hoch oder eher gering.
In aller Regel hat die Eingruppierung nur die Bedeutung, dass derjenige, der sie vornimmt, eine rechtliche Meinung äußert, nämlich die Meinung, dass eine von einem bestimmten Arbeitnehmer konkret auszuübende Tätigkeit einer bestimmten abstrakten Vergütungsgruppe bzw. den in ihr definierten Merkmalen entspricht.
Die Eingruppierung hat daher, anders als ein Vertragsabschluss oder eine Kündigung, keine eigenen von ihr ausgehenden Rechtswirkungen. Sie ändert nicht die Rechtslage wie ein Vertrag oder wirkt auf eine bestehende Rechtsbeziehung ein wie eine Kündigung, sondern sie stellt nur fest, was ohnehin rechtlich gegeben ist. Mit einem Wort: Eingruppierungen haben nur deklaratorische, d.h. das Recht erwähnende Bedeutung, und keine konstitutiven, d.h. Rechte begründenden Wirkungen.
Trotzdem ist die rechtliche Wirkung einer Eingruppierung nicht gleich Null: Immerhin muss der Arbeitgeber, wenn er einen Arbeitnehmer in eine bestimmte Vergütungsgruppe eingruppiert und dementsprechend über längere Zeit hinweg bezahlt hat, die Unrichtigkeit dieser Eingruppierung darlegen und sie im Streitfall beweisen, falls er plötzlich der Meinung ist, der Arbeitnehmer sei irrtümlich zu hoch eingruppiert.
Der 2006 vom Marburger Bund ausgehandelte Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken ("TV-Ärzte") sieht im Unterschied zu den bisherigen Tarifvorschriften, insbesondere im Unterschied zum Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) erstmals eine besondere Vergütungsregelung für Oberärzte vor. Nach dem TV-Ärzte können nämlich Oberärzte allein aufgrund ihrer herausgehobenen medizinischen Verantwortung als Oberärzte eine höhere Vergütung (Entgeltgruppe Ä3) als Assistenzärzte (Entgeltgruppe Ä1) und als Fachärzte (Entgeltgruppe Ä2) verlangen.
Eine besondere Entgeltgruppe für Oberärzte sieht auch der - ebenfalls 2006 vom Marburger Bund ausgehandelte - Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände ("TV-Ärzte/VKA") vor.
Darüber hinaus gibt es Tarifverträge des Marburger Bundes, die auf den vorgenannten beiden Tarifverträgen basieren bzw. mit diesen Tarifverträgen weitgehend identisch sind, aber gewisse Abweichungen enthalten, so z.B. der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an der Charité - Universitätsmedizin Berlin (TV-Ärzte Charité).
"Oberarzt" im Sinne des TV-Ärzte sind Krankenhausärzte, die eine von zwei tariflichen Definitionen (§ 12 TV-Ärzte) erfüllen.
Die erste lautet:
"Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist."
Treffen diese Voraussetzungen auf einen Arzt oder eine Ärztin nicht zu, gibt es noch einen zweiten vom Tarifvertrag vorgesehenen Weg hin zu einer Eingruppierung als Oberarzt. Denn die zweite vom TV-Ärzte genannte Definition von Oberarzt lautet:
"Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer vom Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert."
Die im TV-Ärzte VKA festgelegten Voraussetzungen für eine Eingruppierung bzw. Vergütung als Oberarzt sind den hier zitierten Tarifvorschriften des TV-Ärzte sehr ähnlich, enthalten allerdings einige zusätzliche Voraussetzungen. Das führt im Ergebnis dazu, dass es auf der Grundlage des TV-Ärzte/VKA (noch) schwerer ist, als Arzt alle Voraussetzungen eines "Tarifoberarztes" zu erfüllen. So heißt es in § 16 TV-Ärzte/VKA (anders als im TV-Ärzte), dass dem Arzt die Oberarztfunktion vom Arbeitgeber „ausdrücklich übertragen worden“ sein muss. Eine stillschweigende Übertragung der Oberarztfunktion genügt also für eine Eingruppierung als Oberarzt auf der Grundlage des TV-Ärzte/VKA eindeutig nicht.
Seit Jahren gibt es in vielen Krankenhäusern Streit über die Frage, ob die dort als Oberarzt tätigen Ärzte auch die tariflich festgelegten Voraussetzungen für eine höhere Vergütung erfüllen, d.h. eine Vergütung nach der Oberarzt-Tarifgruppe. Aufgrund der tariflichen Definition von "Oberarzt" sind keineswegs alle Oberärzte mit langjähriger Berufspraxis auch gemäß Vergütungsgruppe Ä3 zu vergüten, d.h. man muss zwischen De-facto-Oberärzten und Oberärzten im Tarifsinn unterscheiden.
Gestritten wird zwischen Ärzten und Krankenhausträgern oft darüber,
- ob ein Arzt überhaupt die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik oder einer ihrer Abteilungen besitzt,
- ob eine solche medizinische Verantwortung ggf. vom Arbeitgeber "übertragen" worden ist, und
- ob die Übertragung von Aufgbaben und Verantwortlichkeiten durch einen Chefarzt ausreichend ist, d.h. ob ein solches Handeln des Chefarztes der Krankenhausleitung zuzurechnen ist oder nicht.
Über diese tatsächlichen Fragen, die je nach den Gegebenheiten des Einzelfalls pro oder contra Arzt bzw. Arbeitgeber zu entscheiden sind, sind auch andere Fragen streitig, d.h. Rechts- oder Grundsatzfragen. Zu diesen Fragen gehören z.B. folgende:
- Kann von einer "medizinischen Verantwortung" im Sinne der o.g. tariflichen Eingruppierungsvorschriften nur dann die Rede sein, wenn dem Arzt mindestens (auch) ein Facharzt unterstellt ist?
- Reicht es aus, dass die von einem Arzt ausgeübte medizinische Verantwortung durch "schlüssiges Verhalten" übertragen wurde ist nur eine ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung rechtlich von Bedeutung (was ausdrücklich nur im TV-Ärzte/VKA steht, nicht aber im TV-Ärzte)?
- Kann ein im Klinikalltag ("faktisch") als als Oberarzt arbeitender Arzt auch dann die "medizinische Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik oder einer ihrer Abteilungen besitzen, wenn er sich diese Verantwortung bzw. seine oberärztlichen Aufgaben mit einem oder sogar mit mehreren anderen Oberarztkollegen teilt? Hier argumentieren Ärztevertreter, dass "Verantwortung" auch gemeinsam ausgeübt werden könne (Verantwortung heißt schließlich nicht Leitung), wohingegen Arbeitgebervertreter in einer solchen Verantwortungsteilung einen Beleg dafür sehen, dass es an einer herausgehobenen medizinischen Verantwortung als Oberarzt fehlt.
Diese Grundsatzfragen wurden mittlerweile vom Bundesarbeitsgericht (BAG) weitgehend geklärt, und zwar im Sinne der Rechtsauffassung der Arbeitgeberseite. Konkret hat das BAG entschieden, dass dem Oberarzt in aller Regel mindestens (auch) ein Facharzt unterstellt sein muss, und dass er - vorbehaltlich der Letztverantwortung des Chefarztes - die alleinige Verantwortung für den von ihm betreuten Bereich tragen muss (BAG, Urteil vom 09.12.2009, 4 AZR 841/08).
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Letzte Überarbeitung: 13. April 2011