Der Begriff Schadensersatz beschreibt die Geldsumme, die ein Arzt oder Krankenhaus dem Patienten schuldet, der aufgrund eines Behandlungsfehlers einen Schaden erlitten hat.
Zu dem Schaden des Patienten zählt nicht nur der Schaden an der Gesundheit. Auch tatsächlich angefallene Kosten für Autofahrten und Kopien von Behandlungsunterlagen sowie Gewinneinbußen des Unternehmens, eine Haushaltshilfe, Anwaltskosten und Kosten eines fachmedizinischen Gutachtens können ersetzt werden.
Der Begriff Schadensersatz ist umfangreicher als das Schmerzensgeld. Das Schmerzensgeld ist Bestandteil des Schadensersatzes.
So kann ein Patient wegen des Verlusts einer großen Zehe am Fuß je nach den Umständen des Falles zum Beispiel ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro verlangen und zusätzlich
- die Kosten einer Haushaltshilfe (z.B. 7,50 Euro pro Stunde),
- Verdienstausfall (z.B. 6 Monate: 3.000 € neben dem Krankengeld),
- Kosten eines fachmedizinischen Gutachtens (z.B. 1.500 Euro),
- Fahrtkosten (z.B. Kilometerpauschale),
- Hilfsmittel im Haushalt (Hocker, Lift etc.)
- Behindertengerechtes Fahrzeug.
Die Höhe der zu ersetzenden Kosten kann deutlich über die Höhe der Schmerzensgeldsumme liegen.
Im Falle einer erfolgreichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Durchsetzung des Anspruches aus dem Behandlungsfehler, kann der Patient neben dem Schmerzensgeld die Zahlung folgender Kosten verlangen:
- Heilbehandlungskosten (inkl. Krankenbesuche durch Angehörige)
- Kosten für „vermehrte Bedürfnisse“
- Erwerbsschaden/Verdienstausfall
- Haushaltsführungsschaden
Diese Schadenspositionen werden weiter unten erläutert.
Sonstige Kosten können auch die erhöhte Versicherungsprämie einer Kranken-, Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung sein. Im Falle eines erfolgreichen Gerichtsprozess müssen auch die Anwaltskosten erstattet werden.
Außerdem kommt ein Unterhaltsschaden in Betracht, wenn nicht der Patient selbst, sondern die Familienangehörigen den Arzt wegen der ausbleibenden Unterhaltszahlungen in Anspruch nehmen. Auch die Beerdigungskosten sind nach § 844 Abs. 1 BGB zu erstatten.
In den Fällen einer fehlerhaften Sterilisation oder Fehlberatung bei der Empfängnisverhütung kann den Eltern auch ein Anspruch auf Ersatz des Unterhalts für das ungewollte Kind zustehen.
Wird ein behindertes Kind geboren, obwohl die Eltern die Schwangerschaft bei richtiger Diagnose des Arztes unterbrochen hätten, so steht den Eltern unter dem Stichwort „wrongful life“ ein Anspruch auf Zahlung des Unterhalts zu.
Die Berechnung des Schadensersatzes ist sehr aufwendig und ohne rechtliche Kenntnisse kaum möglich. Dabei spielen Leistungen der Krankenversicherung und die Einschätzung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit eine Rolle. Es sollte im Einzelfall unbedingt anwaltlich überprüft werden, wie viel Geld dem Patienten zusteht.
Bei einem ärztlichen Behandlungsfehler entstehen dem Patienten höhere Heilbehandlungskosten. Neben der ursprünglichen Erkrankung (z.B. Blinddarmentzündung) treten nun weitere gesundheitliche Schäden auf (z.B. verzögerte Wundheilung, Narbenbildung), die geheilt werden müssen.
In der Regel müssen diese Kosten aber wie alle Heilbehandlungskosten von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung übernommen werden, so dass der Patient keinen finanziellen Schaden erleidet. Die gesetzlichen Krankenversicherungen können sich diese Kosten nach § 116 SGB V und die privaten Krankenversicherungen nach § 86 VVG von dem Arzt bzw. dessen Haftpflichtversicherung zurückholen.
Einzelne Schadenspositionen können aber dennoch dem Patienten zur Last fallen. So kann er z.B. Ersatz von Zuzahlungen für Arzneien, Massagen und Rehabilitationsmaßnahmen sowie der Praxisgebühr verlangen. Außerdem gelten die Besuche von Angehörigen und die damit verbundenen Fahrtkosten als Heilbehandlungskosten.
Sofern bei gesetzlich Krankenversicherten eine privatärztliche Leistung zur Heilung der Schadensfolgen erforderlich ist, müssen die Kosten von dem Arzt erstattet werden.
Die Formulierung „Vermehrung der Bedürfnisse“ findet sich in § 843 Abs.1 BGB. Der Ersatz in Geld bezieht sich auf alle Mehraufwendungen, die das Ziel haben, solche Einschränkungen im Leben auszugleichen, die durch die dauerhafte Beeinträchtigung der Gesundheit entstehen.
Es kommen beispielsweise folgende Kosten in Betracht:
- Ernährungskosten, spezielle Diät
- fortdauernd notwendige Massagen
- Kurkosten
- orthopädische Schuhe
- besondere Körperpflegemittel
- Kosten im Zusammenhang mit einer Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte
Der Verdienstausfall wird auch als Erwerbsschaden bezeichnet. Der Arzt hat Schadensersatz für den ausbleibenden Erwerb oder die Nachteile bei dem beruflichen Fortkommen zu leisten.
Erfasst werden alle wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die daraus entstehen, dass der Geschädigte seine Arbeitskraft infolge der Schädigung nicht oder nicht in vollem Umfang verwerten kann.
Es muss sich um konkrete Einbußen der Einkünfte handeln, nicht um eine abstrakte Einstufung der Behinderung oder Berufsunfähigkeit. Auch bei Selbständigen müssen die Gewinneinbußen konkret (anhand der Einnahmen und Auftragslage der Jahre zuvor) nachgewiesen werden.
Der Eintritt der Berufsunfähigkeit muss daher nicht zwingend zu einem Schaden führen, wenn die Person zuvor nicht erwerbstätig war. Dann können aber die Haushaltsführung oder andere geldwerte Tätigkeiten als Erwerbsschaden Berücksichtigung finden.
Außerdem ist eine Prognose darüber anzustellen, welche Möglichkeiten der Berufsausübung der Geschädigte ohne den Gesundheitsschaden gehabt hätte. Das ist insbesondere bei Kindern, Jugendlichen, Schülern und Studenten wichtig.
Erwerbsschaden ist eine andere Bezeichnung für Verdienstausfall. Siehe oben: Verdienstausfall.
Verliert der Patient aufgrund des ärztlichen Kunstfehlers die Fähigkeit Arbeiten im Haushalt wie zuvor zu verrichten, stellt sich diese Einbuße als Vermögensschaden dar.
Es werden sowohl Defizite in der Selbstversorgung (z.B. bei Alleinlebenden) ersetzt, als auch solche Arbeiten im Haushalt, die für Familienangehörige erbracht worden sind. Zu den Arbeiten im Haushalt zählen auch Gartenarbeiten, Wagenpflege und Reparaturen im häuslichen Bereich.
Der Geschädigte kann die Kosten für eine Haushaltshilfe verlangen. Wenn er auf die Einstellung einer Haushaltshilfe verzichtet und die Mehrarbeiten von Familienangehörigen oder dem Patienten selbst erbracht werden, ist der erhöhte Zeitaufwand von dem Arzt bzw. dessen Haftpflichtversicherung in Geld zu erstatten.
Wenn das Opfer eines Behandlungsfehlers verstorben ist, sind den Unterhaltsberechtigten von dem Arzt die Unterhaltsleistungen zu erstatten. Das regelt § 844 Abs. 2 BGB.
Die Höhe richtet sich allerdings nach den gesetzlichen Unterhaltsansprüchen, nicht nach dem tatsächlich geleisteten (höheren) Unterhalt.
Das Opfer des Behandlungsfehlers unterliegt der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift regelt zugunsten des Schädigers die Pflicht des Opfers, Schaden abzuwenden oder zu mindern.
Die Schadensminderungspflicht führt dazu, dass der Patient zumindest versuchen muss, die Arbeitstätigkeit fortzusetzen oder eine anderweitige angemessene Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Auch Umschulungsmaßnahmen sind zumutbar, die Kosten müssen von dem Arzt ersetzt werden.
Unter dem Aspekt der Vorteilsausgleichung muss sich der Patient außerdem die Kosten anrechnen lassen, die er durch den Wegfall der Erwerbstätigkeit spart.
Diese Kosten müssen von der Schadensersatzleistung abgezogen werden.Dabei handelt es sich z.B. um Fahrtkosten zur Arbeitsstätte, Ausgaben für Arbeitskleidung, Beiträge zu Berufsverbänden usw., die nun nicht mehr anfallen.
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Letzte Überarbeitung: 6. Februar 2013