Diagnosis Related Groups (DRGs) bedeutet übersetzt diagnosebezogene Fallgruppen. Diese Fallgruppen sind seit 2004 die Grundlage für die Finanzierung von Krankenhausleistungen.
Weil sich der "Preis" der medizinischen Behandlung im Krankenhaus an diesen Fallgruppen orientiert und nicht an den tatsächlichen Kosten, werden diese Beträge auch als Fallpauschalen bezeichnet. Nach diesem Abrechnungssystem sind die gesetzlichen Krankenkassen, privaten Krankenversicherungen und Selbstzahler zur Zahlung der Krankenhausleistungen verpflichtet.
Die Einordnung in eine Fallgruppe erfolgt nach der ersten angegeben Diagnose als Hauptdiagnose. Neben den Hauptdiagnosegruppen, die sich an den betroffenen Körperregionen orientieren (z. B. Auge, Herz), wird dann eine weitere Untergliederung anhand von Nebenerkrankungen, durchgeführten Prozeduren (operativer oder konservativer Fall) und Komplikationen durchgeführt.Weitere mögliche Klassifikationsmerkmale sind Alter, Geschlecht, Geburtsgewicht, Beatmungszeit in Stunden, Austrittsart und Verweildauer.
Jedem Patienten darf pro Krankenhausaufenthalt nur genau eine DRG zugeordnet werden.
Das DRG-System gilt seit 2005 in Deutschland und hat zu diesem Zeitpunkt die unübersichtliche Abrechnung nach (tagesgleichen) Pflegesätzen, Sonderentgelten und krankenhausindividuellen Fallpauschalen von medizinischen Behandlungen im Krankenhaus abgelöst.
Die Idee der "diagnosis related groups" stammt ursprünglich aus den USA, wo sie in den 70er Jahren in Notfall-Krankenhäusern eingeführt worden ist. Das System wurde dort erfunden, um den Umsatz eines Krankenhauses, der nicht einfach nach dem Ergebnis der medizinischen Behandlung berechnet werden kann, wenigstens durch die Schwierigkeit der Aufgaben näher zu bestimmen und so eine gerechte Verteilung der finanziellen Mittel zu ermöglichen.
Gemäß § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) wurde für die deutschen Krankenhäuser ein solches durchgängiges und pauschalierendes Vergütungssystem eingeführt. In Abgrenzung zu den Fallgruppensystemen anderer Länder wird das deutsche Fallpauschalensystem auch als GDRG (German-Diagnosis Related Groups-System) bezeichnet.
Das Ziel der Einführung des DRG-Systems war es, den Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern anzuregen, denn ab diesem Zeitpunkt würden erstmals gleiche Krankenhausleistungen auch gleich bezahlt werden. Darüber hinaus sollte die Kostenbemessung transparenter gemacht werden.
Ursächlich für die Veränderung des Systems der Krankenhausfinanzierung waren auch die steigenden Kosten und der dadurch entstehende Anstieg der Beiträge des Einzelnen in die Krankenversicherung und der Lohnnebenkosten für den Arbeitgeber.
Die Erstellung der Fallpauschalen obliegt den Partnern des Gesundheitswesen, vertreten durch
- die Deutsche Krankenhausgesellschaft,
- die Spitzenverbände der Krankenkassen und
- den Verband der privaten Krankenversicherung (PKV).
Sie besitzen die Aufgabe der Einführung und Weiterentwicklung des Fallpauschalensystems in Selbstverwaltung. Selbstverwaltung bedeutet, es gibt keine übergeordneten staatlichen Akteure, die die Preise mitbestimmen. Diese Aufgabe haben die Partner des Gesundheitswesens der InEK GmbH als deutsches DRG-Institut übertragen.
Nach § 17b Abs. 2 KHG sollen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem vereinbaren, das sich an einem international bereits existierenden Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups orientiert sowie für seine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung sorgen.
Sie gründeten daraufhin das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH, welches das in § 17b Abs. 1 KHG beschriebene Vergütungssystem erschaffen sollte. Als Grundlage sollte das australische DRG Modell dienen. Das deutsche DRG Modell wird daher auch als G-DRG (German DRG) Modell bezeichnet. Die jährliche Weiterentwicklung und Anpassung erfolgt im Rahmen der sogenannten Fallpauschalenvereinbarung.
Nach § 17 b Abs. 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten (Schwierigkeitsstufen) und Comorbiditäten (Begleiterkrankungen) abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Soweit allgemeine Krankenhausleistungen nicht einbezogen werden können, sind Richtwerte sowie bundeseinheitlich Regelungen für Zu- oder Abschläge zu vereinbaren, insbesondere für die Notfallversorgung (siehe auch § 5 KHEntG).
Durchgängig bedeutet, dass das System alle allgemeinen Leistungen eines Krankenhauses abdecken soll. Erfasst werden also weder Wahlleistungen noch Leistungen eines Belegarztes.
Leistungsorientiert bedeutet, dass das System die Leistungen des Krankenhauses mit seinem wirtschaftlichen Aufwand ins Verhältnis setzen soll, so dass ein Krankenhaus, welches zumeist aufwendige Operationen durchführt ein höheres Budget erhält, als ein Krankenhaus welches nur einfache Operationen ausführt.
Pauschalierend bedeutet, dass gleichartige Fälle zu einer Fallgruppe zusammengefasst werden sollen. Die Gleichartigkeit ist dabei von einem ökonomischen Standpunkt aus zu beurteilen, d.h. dass Behandlungen, die in etwa den gleichen wirtschaftlichen Aufwand erfordern, zu einer Gruppe zusammengefasst werden.
Der zu behandelnde Patient wird untersucht und eine Hauptdiagnose wird gestellt, in der Regel handelt es sich dabei um die Grunderkrankung.
Aufgrund der Hauptdiagnose wird die Behandlung des Patienten einer sogenannten Hauptdiagnosegruppe zugeordnet. Die Hauptdiagnosegruppen werden mit "MCD" abgekürzt, vom Englischen Major Diagnostic Categories. Beispiele für MCDs sind Einteilungen wie: Krankheiten und Störungen des Nervensystems, des Auges, im Hals-Nasen-Ohren Bereich, der Atmungs- oder Verdauungsorgane, der männlichen oder weiblichen Geschlechtsorgane sowie die MCDs Neugeborene, HIV und Verbrennungen. Jeder MCD-Diagnose ist ein Buchstabe zugeordnet. Krankheiten und Störungen des Auges werden zum Beispiel mit dem Buchstaben C gekennzeichnet.
Nur wenn es sich um eine besonders aufwendige oder kostspielige Behandlung handelt, wird sie der sogenannten Gruppe Prä-MDC zugeordnet. Darunter fallen besondere Arten von Transplantationen wie Stammzellen- und Herztransplantationen.
Innerhalb der MCDs ist eine erneute Unterteilung in sogenannte Partitionen vorzunehmen. Das sind Untergruppen innerhalb der Hauptdiagnosegruppe. „O“ steht dabei für operative Fallpauschalen, „M“ für medizinische und „A“ für andere wie zum Beispiel die Koloskopie (Darmspiegelung) oder Gastroskopie (Magenspiegelung).
Eine Fallgruppe setzt sich aus mehreren Zeichen zusammen, das erste steht für die MCD, z.B. "C" für das Auge.
Das zweite und dritte Zeichen bezeichnet die Basis-Fallgruppe. Basis-Fallgruppen sind bestimmte Eingriffe: 01-39 bezeichnen operative Eingriffe, 40-59 medizinische und 60-99 andere. "C04" steht zum Beispiel für eine Hornhauttransplantation.
Das vierte Zeichen steht für den Grad des wirtschaftlichen Aufwandes der jeweiligen Behandlung im Einzelfall. Damit wird die vom Gesetz geforderte Komplexität sowie Komorbiditäten abgebildet. „A“ bezeichnet den höchsten Ressourcenverbrauch, „Z“ den geringsten.
Zuletzt werden auch für alle Nebendiagnosen Schwierigkeitsstufen gebildet. Die niedrigste wird durch die Ziffer 0, die höchste durch die 4 bezeichnet.
Mittels eines bestimmten Algorithmus wird im Anschluss aus den CCL Werten der Haupt- sowie der Nebendiagnosen ein Gesamtschweregrad der Behandlung des jeweiligen Patienten errechnet, das sogenannte PCCL (Patient Clinical Complexity Level).
Den jeweiligen Fallgruppen wird von dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus ein bestimmter Wert zugeordnet. Dabei werden ihnen sogenannte Bewertungsrelationen zugewiesen. Das bedeutet, dass nicht jeder Fallgruppe ein einzelner Wert gegeben wird, sondern dass Angaben gemacht werden, in welchem Verhältnis die Fallgruppen zueinander stehen. Um die jeweiligen Kosten des Patientenaufenthalts zu berechnen, ist somit abschließend der jeweilige Basisfallwert mit der Bewertungsrelation zu multiplizieren.
Die Einordnung in Fallgruppen soll eigentlich automatisiert erfolgen, da alle für die Gruppierung notwendigen Daten routinemäßig erfasst werden. Dazu wird eine Gruppierungssoftware, der so genannte "grouper", eingesetzt.
Um Erkrankungen als Hauptdiagnose zu klassifizieren, ist jedoch medizinisches Fachwissen erforderlich. Deswegen gilt in Deutschland die Kodierung von Diagnosen und Prozeduren zunächst als Aufgabe des Arztes.
Aufgrund der enormen Arbeitsbelastung werden diese Aufgaben aber vermehrt von speziell ausgebildetem Personal übernommen. Die neuen Berufsfelder tragen die Bezeichnung Medizincontroller, medizinischer Dokumentationsassistent oder Kodierfachkraft. Diese Personalkräfte besitzen pflegerische oder medizinische Grundkenntnisse und befassen sich in der Krankenhausverwaltung mit der Verschlüsselung von Diagnosen und Prozeduren sowie der DRG-Dokumentation.
Ja. Ein verhaltensbedingte Kündigung nach erfolgter Abmahnung besitzt Gültigkeit, wenn der Arzt seinen Dokumentationspflichten der für die Eingruppierung in einem deutschen DRG-System erforderlichen Diagnosen und Prozeduren nach Maßgabe der jeweils gültigen Deutschen Kodierrichtlinien nicht nachkommt.
Sofern im Arbeitsvertrag derartige Dokumentationspflichten vereinbart worden sind, muss der Arzt sie erfüllen. Er kann auch nicht darauf vertrauen, dass ein - gebenenfalls neu eingerichtetes - Medizincontrolling diese Aufgabe für ihn ohne entsprechende Änderungen der arbeitsvertraglichen Pflichten übernimmt (Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 01.12.2010, 2 Sa 56/10).
Im Unterschied zur Abrechnung nach Tagessätzen bis zum Jahr 2004, dient nach dem Fallpauschalensystem nicht die Anzahl der Tage im Krankenhaus als Berechnungsgrundlage, sondern die Fallgruppe. Die Fallgruppe gibt auch Auskunft darüber, wie lange der Patient im Krankenhaus bleiben kann.
Unterschieden werden dabei obere und untere Grenzverweildauer. Die obere Grenzverweildauer bestimmt die Anzahl der Tage im Krankenhaus für die die Pauschalvergütung gilt. Wird diese Dauer im Einzelfall überschritten, kann das Krankenhaus eine von der Anzahl der überzähligen Tage abhängige Vergütung in Rechnung stellen. Da der hierfür festgelegte Betrag in einigen Fällen nicht kostendeckend ist, werden Patienten frühzeitig entlassen. Dieses Vorgehen wird auch auch als "blutige Entlassung" bezeichnet.
Für solche Fälle in denen der Patient deutlich weniger Tage im Krankenhaus verbringt als von der Pauschlavergütung umfasst (untere Grenzverweildauer), erfolgt ein Abschlag von der DRG-Pauschale. Damit wird dem geringeren Aufwand und den geringeren Kosten für den Patienten Rechnung getragen.
Sofern die Einordnung der Fallpauschalen fehlerhaft ist, ist auch die Rechnung unwirksam.
Die Zuordnung einer Behandlung zu einer DRG ist oft problematisch. Außerdem darf stets nur "ein" Behandlungsfall angegeben werden auch wenn (ältere) Patienten unter mehreren Erkrankungen leiden.
Da die Ermittlung der DRG anhand der Dokumentation in der Krankenakte erfolgt, wird die Zuordnung insbesondere bei unsorgfältiger Dokumentation erschwert.
Unsere Büros können Sie von Montag bis Freitag, jeweils von 09:00 Uhr bis 20:00
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Letzte Überarbeitung: 17. August 2012