Als Chefarztvertrag bezeichnet man den Arbeitsvertrag zwischen einem Chefarzt und einem Krankenhausträger. Als Vorlage wird häufig das Vertragsmuster der Deutschen Krankenhausgesellschaft herangezogen. Allerdings wurden in diesem Muster vornehmlich die Interessen des Arbeitgebers vorformuliert, so dass der Arbeitsvertrag aus der Sicht des Chefarztes nicht unbedingt die günstigste Variante darstellt.
Wird der Chefarztvertrag als „Dienstvertrag“ oder „Arbeitsvertrag“ bezeichnet, so spielt dies für den Inhalt und die Stellung des Chefarztes keine Rolle. Sie bestimmt sich nach der im Arbeitsvertrag vorgesehenen Hierarchie und Verantwortlichkeit. Als Bezeichnungen für den „Chefarzt“ werden im Chefarztvertrag auch „Leitender Abteilungsarzt“ oder „Fachabteilungsleiter“ verwandt.
Ein Arzt, der Leiter einer Abteilung ist, kann auch auf Zeit zum Ärztlichen Direktor ernannt werden. Der Ärztliche Direktor ist der Vertreter der leitenden Ärzte in der Geschäftsleitung des Krankenhauses. Er ist verantwortliche für die Sicherstellung der medizinischen Versorgung.
Es handelt sich um verschiedene Formen der Mitwirkung an betrieblichen Entscheidungen durch den Chefarzt, die Einfluss auf deren Wirksamkeit haben können. Eine Beteiligung des Chefarztes muss im Zweifel nachgewiesen werden, so dass sich für den Krankenhausträger die Dokumentation empfiehlt.
Die schwächsten Formen der Beteiligung stellen das Anhörungs- und das Vorschlagsrecht dar. Danach muss der Krankenhausträger den Chefarzt vor einer Entscheidung anhören oder einen Vorschlag von ihm einfordern. Eine rechtliche Bindung des Krankenhausträgers an die Meinung des Chefarztes besteht nicht. Der Verstoß gegen die Anhörungspflicht oder das Vorschlagsrecht kann jedoch zur Unwirksamkeit der Maßnahme führen.
Eine stärkere Beteiligung des Chefarztes verlangt die Formulierung „im Benehmen“. Es handelt sich um eine Form der Mitwirkung, die zwar über die bloße Information oder Anhörung hinausgeht, eine Verbindlichkeit wie beim Einvernehmen oder der Zustimmung aber nicht erreicht. Der Krankenhausträger ist danach zur erläuternden Kontaktaufnahme verpflichtet und muss auf eine möglichst einvernehmliche Lösung hinwirken. Eine fehlende Einigung hindert die Entscheidungskompetenz des Krankenhausträgers nicht, kann jedoch zur Unwirksamkeit der Maßnahme führen.
Das Einvernehmen erfordert die Willensübereinstimmung der Vertragsparteien, also eine erzielte Zustimmung des Chefarztes, d.h. ohne Zustimmung des Chefarztes, keine gültige Maßnahme. In Ihrem Interesse sollten Sie darauf achten, dass bei wichtigen Personalentscheidungen – z.B. leitender Oberarzt, Chefsekretärin – nach dem Arbeitsvertrag Ihr Einvernehmen erforderlich ist.
Die Vergütung des Chefarztes setzt sich zusammen aus fester und variabler Vergütung.
Die feste Vergütung ist eines jährliches Grundgehalt, dass in Teilbeträgen monatlich ausgezahlt wird. Die Höhe ist zwischen den Parteien frei vereinbar. Auch eine Bezugnahme auf einen Tarifvertrag ist zulässig. In diesem Fall sollte zusätzlich geregelt werden, ob sich die Vergütung bei Änderung des Tarifvertrags ebenfalls entsprechend ändert. Ist dies nicht der Fall, sollte eine Anpassungsklausel vereinbart werden.
Eine variable Vergütung kann der Chefarzt für Leistungen, für die ein Liquidationsrecht (siehe auch Chefarzt - Liquidationsrecht) besteht erhalten. Außerdem kann eine Bonuszahlung für die erfolgreiche Umsetzung einer Zielvereinbarung vereinbart werden.
Die Zielvereinbarung ist eine Vereinbarung, für die der Chefarzt, sofern sie erreicht wird, einen Zuschlag (Bonus) erhält. Sie ist in der Regel auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt. Mögliche Ziele sind nach dem DKG-Mustervertrag Sach- und Personalkosten, die Einführung neuer Behandlungsmethoden, Maßnahmen und Ergebnisse der Qualitätssicherung, die Inanspruchnahme nicht-ärztlicher Wahlleistungen und die Beteiligung an Strukturmaßnahmen. Die Zielvereinbarung ist unwirksam, wenn das Ziel objektiv nicht erreicht werden kann.
Möglich ist nicht nur die Vereinbarung einer Bonuszahlung, sondern auch eine sog. Bonus-Malus-Regelung. Danach erhält der Chefarzt nicht nur ein „Mehr“ an Vergütung, sondern auch ein „Weniger“, d.h. er wird auch an den Verlusten des Krankenhauses beteiligt. Die Klausel darf jedoch nicht in die berufsrechtlich geschützte Therapiefreiheit eingreifen.
Experten empfehlen positive Anreize zu schaffen und einen Bonus bereits bei Einhaltung der Budgetplanung zu zahlen. Muss der Chefarzt die Budgetplanung unterschreiten, um einen Bonus zu erhalten, so könnte sein Verhalten den Anschein erwecken, er spare zu Lasten der Patienten. Besser ist es, den Budgetplan den gegebenen Umständen jedes Jahr neu anzupassen.
Die Bonuszahlung sowie jede andere erfolgsabhängige Vergütung des Chefarztes macht nur dann Sinn, wenn dem Chefarzt bei Aufstellung der Ziele und wirtschaftlichen Messlatte eine echte Verantwortung eingeräumt wird und der Chefarzt über Ziele und Budget mitentscheiden kann.
Eine Alternative zur Zielvereinbarung ist eine erfolgsabhängige Höhe der Beteiligung an den Liquidationserlösen bzw. dem Nutzungsentgelt bei eigenem Liquidationsrecht (siehe auch Chefarzt - Liquidationsrecht).
Der gesetzliche Mindestanspruch des Chefarztes auf Lohnfortzahlung beträgt sechs Wochen. Das entspricht in keinem Maße den althergebrachten Grundsätzen zum Chefarztvertrag, in dem stets eine Dauer von 26 Wochen vorgesehen war.
Das DKG-Vertragsmuster sieht heute ebenfalls eine Lohnfortzahlung von sechs Wochen vor. Bei seinen Bemühungen um eine längere Entgeltfortzahlung sollte der Chefarzt aber mit Blick auf die traditionellen Grundsätze Erfolg haben. Längere Zeiträume sind in der Praxis nämlich nicht nur "nicht unüblich" wie die DKG einräumt, sondern schlicht üblich!
Wichtig ist auch eine Klausel zur Fortdauer des Liquidationsrechts im Krankheitsfall. Der Krankenhausträger wird eventuell auf einer kurzer Dauer (sechs Wochen) bestehen, wenn er dem Vertreter des Chefarztes für die Erbringung der Wahlleistungen eine zusätzliche Vergütung zahlen muss.
Auch für den Chefarzt gilt der gesetzliche Mindesturlaub von 24 Werktagen nach § 3 Abs. Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG - 20 Tage bei einer 5-Tages-Woche). Häufig liegt der jährliche Erholungsurlaub in Chefarztverträgen jedoch mit 30 Tagen sowieso über dem Durchschnitt. Wir empfehlen, vertraglich festzuhalten, dass sich der Urlaubsanspruch auf eine 5-Tage-Woche bezieht, denn auch der Samstag ist ein Werktag.
Darüber hinaus erhält der Chefarzt regelmäßig einen Fortbildungsurlaub. Der Chefarzt sollte je nach seinem wissenschaftlichen Engagement auf eine angemessene Dauer des Fortbildungsurlaubs achten. Sie liegt üblicherweise zwischen 10 und 15 Tagen. Auch hier wird empfohlen eine 5-Tages-Woche zu vereinbaren, um Missverständnissen vorzubeugen.
Außerdem kann schriftlich festgehalten werden, dass der Urlaub bei dem Dienstvorgesetzten nicht "beantragt", sondern ihm nur "mitgeteilt" werden muss. Ein Antrag kann unter Umständen abgelehnt werden. In der Praxis ist die bloße Mitteilung üblich.
Während seiner Abwesenheit ist der Chefarzt zu vertreten. Bei der Vereinbarung zum Verfahren bei Vertretung und zur Person sollte darauf geachtet werden, dass der Vertreter des Chefarztes in dessen Abwesenheit die ärztlichen Wahlleistungen erbringen kann. Wegen des Grundsatzes der "persönlichen Erbringung" der Wahlleistungen ist es erforderlich, dass mit dem Patienten eine zusätzliche individuelle Vereinbarung über die Vertretung getroffen wird.
Obwohl Krankenhausträger das besondere Interesse an einer Befristung des Chefarztvertrages immer wieder betonen, gelten für die Befristung die allgemeinen Grundsätze des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBefG). Eine Befristung, die nach den allgemeinen Grundsätzen unzulässig ist, kann nicht zu Lasten des Chefarztes durchgesetzt werden.
Der Arbeitsvertrag kann eine Probezeit vorsehen. Sie darf längstens sechs Monate betragen und bedeutet, dass beide Vertragsparteien in dieser Zeit innerhalb einer sehr kurzen Kündigungsfrist (meistens vier Wochen) das Arbeitsverhältnis kündigen können.
Eine längere Probezeit als sechs Monate ist nur gerechtfertigt, wenn innerhalb dieser Frist eine Beurteilung der Arbeitsleistung nicht möglich ist, was insbesondere für künstlerische oder wissenschaftliche Berufe gilt. Das wird bei Chefarztverträgen aber eher die Ausnahme sein und müsste von dem Krankenhausträger jedenfalls besonders begründet werden. Möglich ist aber eine Befristung des Arbeitsvertrages zur Erprobung nach § 14 Abs. 1 Nr. TzBfG.
Achtung: Sollten Sie als Oberarzt in demselben Krankenhaus Chefarzt werden, darf nach dem Kündigungsschutzgesetz keine neue Probezeit vereinbart werden. Auch eine Befristung zur Erprobung ist nur bei einer Neueinstellung zulässig, nicht aber, wenn Sie dem Krankenhausträger bereits aus einer vorangegangenen Arbeitnehmertätigkeit bekannt sind (vgl. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG).
Der Chefarztvertrag kann durch Kündigung oder zeitlichen Ablauf, sofern eine Befristung vereinbart worden ist, enden. Auch durch die Anwendung einer Entwicklungsklausel können gewisse Tätigkeitsbereiche des Chefarztes beendet werden (vgl. dort).
Die Kündigung bedarf gemäß § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der Schriftform. Die Kündigungsfristen sind dem Chefarztvertrag zu entnehmen, mindestens gilt jedoch die Frist des § 622 BGB, also je nach der bisherigen Dauer des Chefarztvertrags ein bis sieben Monate.
Bei der fristlosen Kündigung ist zu beachten, dass sie nur innerhalb von zwei Wochen ab Kenntniserlangung aller kündigungsrelevanten Tatsachen ausgesprochen werden darf (§ 626 Abs. 2 BGB).
Häufig ist bei Chefarztverträgen zudem eine Beendigung des Vertrags vorgesehen, wenn der Arzt ein bestimmtes Alter erreicht. Eine solche Regelung ist gemäß § 21 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) zwar im Prinzip rechtlich zulässig, allerdings muss nach § 14 TzBfG ein sachlicher Grund für die Befristung vorliegen.
Nach bisheriger überwiegender Rechtsprechung stellte die Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung einen sachlichen Grund dar. Diese Rechtsprechung befindet sich jedoch im Umbruch, denn „Altersdiskriminierung“ ist verboten. Sollten Sie von diesem Problem betroffen sein, lassen Sie sich rechtlich beraten, um zu klären, ob eine ungerechtfertigte Schlechterstellung aufgrund des Alters in Ihrem Fall vorliegt.
Die Personalhoheit besitzt zunächst der Krankenhausträger – wie bei der Einstellung des Chefarztes. In der Praxis wird dem Chefarzt aber regelmäßig ein Vorschlagsrecht bzgl. neuer Mitarbeiter in seiner Abteilung eingeräumt. In Bezug auf den leitenden Oberarzt oder die Chefsekretärin sollte im Arbeitsvertrag das Einvernehmen des Chefarztes vorausgesetzt werden.
Natürlich kann die Personalhoheit dem Chefarzt auch vollständig übertragen werden. Das ist aber in der Praxis eher unüblich und sollte von Ihnen als Chefarzt auch nicht angestrebt werden. Die Übertragung der Personalhoheit bedeutet nämlich, dass Sie als „leitender Angestellter“ nicht in den Genuss des Kündigungsschutzgesetzes kommen (§ 14 Abs. 2 KSchG). Sollten Sie zur Einstellung und Entlassung befugt sein, müssen Sie dieses Risiko kennen.
Handelt es sich bei dem Vertragspartner des Chefarztes um ein konfessionelles Krankenhaus, so kann der Chefarzt auch zur Einhaltung des kirchlichen Rechts und der Glaubenslehre verpflichtet werden. Praktische Auswirkungen hat die Verpflichtung auf das Kündigungsrecht des Arbeitgebers. Eine Kündigung kommt auch bei Verstößen gegen die Grundsätze des geltenden Kirchenrechts in Betracht. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass ein Chefarzt einer kirchlichen Einrichtung fristlos entlassen werden dürfte, weil er künstliche Befruchtungen im Rahmen seiner Privatambulanz vorgenommen hatte. Auch ein Ehebruch kann ein Recht zur ordentlichen Kündigung darstellen.
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Letzte Überarbeitung: 21. September 2012