Unter ärztlichem Berufsrecht versteht man alle gesetzlichen Regelungen, die den Beruf des Arztes betreffen. Es regelt wer Arzt ist, wie man Arzt wird, welche Rechten und Pflichten man als Arzt hat und zu welchen Folgen ein Verstoß gegen diese Pflichten führt.
Es gibt kein eigenes Gesetz, was das Berufsrecht der Ärzte in seiner Gesamtheit regelt. Es gibt aber verschiedene Gesetze, die jeweils Teilbereiche regeln.
In den Bundesgesetzen finden sich Regelungen zur Erteilung, zur Zurücknahme und zum Verlust der Approbation (geregelt wird das sogenannte Berufszugangsrecht). Diese Bundesgesetze sind die Bundesärzteordnung (BÄO) und die Approbationsordnung für Ärzte (ÄAppO).
Die Vorschriften der §§ 69 ff. Sozialgesetzbuch V (SGB V) einschließlich der Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) regeln die Tätigkeit als Vertragsarzt bei der Behandlung gesetzlich versicherter Patienten. Schließlich handelt es sich bei der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) um bundeseinheitliche Regelungen zur Vergütung ärztlicher Leistungen.
In den Ländergesetzen finden sich Regelungen zur ärztlichen Weiterbildung und zu Sanktionen bei Verstößen gegen die Berufspflichten (geregelt wird das sogenannte Berufsausübungsrecht). Die Ländergesetze sind die jeweiligen Kammer- und Heilberufsgesetze sowie die Berufs- und Weiterbildungsordnungen. Letztere beiden entsprechen allerdings weitgehend der Musterberufsordnung der Ärzte (MBO-Ä) und Musterweiterbildungsordnung der Ärzte (MWBO-Ä) der Bundesärztekammer. Sie sind somit in allen Bundesländern sehr ähnlich.
Die beruflichen Rechte und Pflichten der Ärzte ergeben sich sowohl aus Bundes- als auch aus Landesgesetzen. Diese sind das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Strafgesetzbuch (StGB), das Grundgesetz (GG) sowie die Berufsordnungen der Landesärztekammern. Darüber hinaus ergeben sich für Krankenhausärzte zusätzliche Regelungen aus dem Krankenhausrecht, für Vertragsärzte aus dem Vertragsarztrecht und für Amtsärzte aus dem Beamtenrecht.
Nach der BÄO ist ein Arzt jemand, der die Heilkunde unter der Bezeichnung Arzt ausüben darf. Um sich als Arzt zu bezeichnen, ist die Approbation erforderlich. Unter den Begriff des Arztes fallen auch Zahn- und Tierärzte. Weitere Informationen zur Approbation finden Sie hier.
Der Arztbegriff lässt sich weiter unterteilen in Vertragsarzt, Krankenhausarzt, Amtsarzt und niedergelassenen Arzt, wobei sich die Begriffe nicht unbedingt gegenseitig ausschließen. Ein Vertragsarzt darf und muss gesetzlich krankenversicherte Patienten behandeln. Ein Krankenhausarzt ist in einem Krankenhaus angestellt. Der Amtsarzt arbeitet an einer amtlichen Stelle wie z.B. der Gesundheitsbehörde. Der niedergelassene Arzt arbeitet selbständig in einer Arztpraxis.
Zahnärzte unterliegen ähnlichen berufsrechtlichen Regelungen wie Ärzte: das Äquivalent zur Bundesärzteordnung ist das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG). Außerdem existieren die Approbationsordnung für Zahnärzte (ZÄPrO) und die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) sowie die Zulassungsverordnung für Zahnärzte (Zahnärzte-ZV). Vertragszahnärzte sind Mitglieder der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV).
Zahnärzte besitzen eigene Berufsordnungen bei den Landeszahnärztekammern, für die ebenfalls die Musterberufsordnung (MBO-Z) und die Musterweiterbildungsordnun (MWBO-Z) der Bundeszahnärztekammer als Vorbild dienen.
Laut der BÄO üben Ärzte einen freien Beruf aus. Ein freier Beruf kennzeichnet sich durch eine besondere berufliche Qualifikation, geistig ideelle Leistungen, berufsrechtliche Bindungen durch Gesetz oder Satzungen, ein hohes Maß an Verantwortlichkeit sowie die eigenverantwortliche Wahrnehmung der Aufgaben aus.
Der letzte Punkt ist auch bei Ärzten in einem Anstellungsverhältnis gegeben, denn die Eigenverantwortlichkeit meint nicht die organisatorische Unterweisung, sondern das eigenverantwortliche Handeln in dem Moment, in dem der Arzt dem Patienten gegenüber steht.
Die Grundpflicht eines jeden Arztes ist, seinen ärztlichen Heilauftrag zu erfüllen. Nach der BÄO bedeutet dies, der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes zu dienen. Der Arzt muss dabei stets den Regeln der Kunst folgen, also nach aktuellem medizinischen Standard handeln. Er ist dabei seinem Gewissen unterworfen.
Darüber hinaus hat der Arzt eine Pflicht zur Untersuchung- und Behandlung des Patienten. Zu beachten ist aber, dass auch der Arzt eine Vertragsfreiheit hat, also nicht mit jedermann einen Vertrag schließen muss (siehe Behandlungsvertrag). Die Untersuchungs- und Behandlungspflicht schließt auch die Pflicht ein, Hausbesuche durchzuführen, wenn der Patient weder in der Lage ist, selbst zum Arzt zu kommen noch so krank, dass er sofort in ein Krankenhaus muss und das Warten auf den Hausbesuch des Arztes ihm zusätzlich schaden könnte. Auch die Pflicht, Notfalldienste wahrzunehmen ist von der Untersuchungs- und Behandlungspflicht umfasst.
Weiterhin hat jeder Arzt eine Fortbildungspflicht. Das bedeutet, dass er sich stets in dem Umfang fortzubilden hat, wie es die Erhaltung und Entwicklung seiner Fachkenntnisse, die er zur Berufsausübung benötigt, erfordert (§ 4 Abs. 1 MBO-Ä).
Den Arzt trifft auch eine Schweigepflicht hinsichtlich aller Informationen, die er über den Patienten aufgrund der Behandlung erlangt. Sie ist in § 9 MBO-Ä geregelt und gilt auch gegenüber den Angehörigen des Patienten. Aufgrund der Schweigepflicht steht dem Arzt sowohl in einem Strafprozess als auch in einem Zivilprozess des Patienten das Recht zu, seine Aussage zu verweigern (§ 53 Abs. 1 Nr. 3 Strafprozessordnung (StPO), § 383 Abs. 1 Nr. 6 Zivilprozessordnung).
Gemäß § 97 StPO dürfen in einem Strafprozess auch keine Unterlagen des Patienten beim Arzt beschlagnahmt werden. Verstößt der Arzt gegen seine Schweigepflicht, kann er sich gemäß § 203 Strafgesetzbuch strafbar machen. Rechtliche Probleme hinsichtlich der Frage, ob die Schweigepflicht verletzt wurde, können sich vor allem aufgrund des Datenaustauschs zwischen Kranken-, Rente-, Unfall- und Pflegeversicherungen ergeben. Der Patient kann in die Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht einwilligen.
Weiterhin hat jeder Arzt eine Dokumentationspflicht. Die Dokumentationspflicht ist in § 10 MBO-Ä geregelt. Sie verlangt, dass Ärzte das körperliche Befinden des Patienten sowie die Umstände und den Verlauf der Behandlung aufzeichnen. Eine Dokumentation der Aufklärung ist nicht erforderlich. Insofern ist zu beachten, dass die hier beschriebene Dokumentationspflicht als berufsrechtliche Pflicht des Arztes von der aus dem Behandlungsvertrag resultierenden Dokumentationspflicht, die Beweisführungszwecken dient, zu unterscheiden ist.
Gemäß § 3 MBO-Ä ist es Ärzten untersagt, ihren Namen für gewerbliche Zwecke herzugeben (sogenanntes Gewerblichkeitsverbot).
Gemäß § 31 MBO-Ä ist Ärzten und Krankenhausträgern auch das in der Praxis weit verbreitete Cash Back Verfahren untersagt. Cash Back Verfahren bedeutet, dass sich ein Arzt für die Überweisung seiner Patienten an andere Personen Prämien zusichern lässt (auch Kopfpauschale genannt). Nach einer aktuellen Studie soll jedes vierte Krankenhaus gegen dieses Verbot verstoßen. Diese Kliniken bezahlen Fangprämien an Ärzte, d.h. Ärzte erhalten von den Kliniken ein Entgelt für die Überweisung von Patienten (siehe hier).
Die unzulässige Zusammenarbeit mit Leistungserbringern über sogenannte Depots ist Vertragsärzten nach § 128 SGB V untersagt.
Während Ärzte früher einem absoluten Werbeverbot unterlagen, ist ihnen seit 2002 nur noch die sogenannte berufswidrige Werbung untersagt (§ 27 MBO-Ä). Das bedeutet, dass ihnen eine sachliche und berufsbezogene Werbung erlaubt, eine irreführende, anpreisende oder vergleichende aber verboten ist. Werbung umfasst jedes Verhalten, welches das Ziel hat, andere Personen für Leistungen des Werbenden zu gewinnen. Sie umfasst somit jede Information über die eigene Tätigkeit und damit auch Merkblätter und Internetauftritte. Gegen wettbewerbswidrige Werbung können neben der Ärztekammer auch konkurrierende Ärzte vorgehen.
Zuständig für die Ahndung berufsrechtlicher Verstöße sind die sogenannten Berufsgerichte, die es im Zuständigkeitsbereich jeder Landesärztekammer gibt. Sie befinden sich zumeist bei den Verwaltungsgerichten, in Bayern und Sachsen bei den Zivilgerichten und in Baden Württemberg, Niedersachsen und dem Saarland stellen sie eigene Gerichte dar. In erster Instanz sind die Bezirksberufsgerichte, in zweiter Instanz die Landesberufsgerichte zuständig.
Ein Verfahren kann nur von der Landesärztekammer oder dem Arzt, der eines Verstoßes verdächtig ist, eingeleitet werden. Daraufhin nimmt der Vorstand der Landesärztekammer oder der Kammeranwalt die Ermittlungen des Sachverhalts auf. Ergeben sich genügend Hinweise auf einen tatsächlichen und nicht unerheblichen Verstoß durch den Arzt, wird ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt. Die Öffentlichkeit ist von dem Verfahren meist ausgeschlossen. Der Arzt, gegen den das Verfahren eingeleitet wurde, kann sich dem Verfahren nur noch durch Verzicht auf seine Approbation entziehen.
Sofern sich der gegen den Arzt vorgebrachte Verdacht im Verfahren bestätigt, sind mögliche Folgen eine Warnung, ein Verweis, die Auferlegung einer Geldbuße, die Aberkennung der Mitgliedschaft in einem Kammerorgan (nicht aber der Kammer selbst) oder die Aberkennung des Wahlrechts oder der Wählbarkeit für ein Kammerorgan. Die möglichen Sanktionen richten sich nach den Bestimmungen des Landeskammergesetzes (z.B. Berliner Kammergesetz - BerlKG).
Ein Verfahren vor dem Berufsgericht darf nicht eingeleitet werden, wenn schon ein Strafverfahren gegen den Arzt wegen desselben Verdachts eingeleitet wurde. Wurde das Verfahren vor dem Berufsgericht zuerst eingeleitet, muss es ruhen, bis eine Entscheidung im Strafverfahren erfolgte. Eine Verurteilung in der gleichen Sache ist auch anschließend nicht möglich.
Spricht die Ärztekammer eine Rüge aus, ist hiergegen der Rechtsweg vor dem Verwaltungsgericht und nicht vor dem Berufsgericht zu beschreiten.
Verstöße durch beamtete Ärzte werden zumeist durch Disziplinargerichte geahndet.
Verstößt ein Vertragsarzt gegen besondere vertragsärztliche Pflichten, kann ihn die kassenärztliche Vereinigung verwarnen oder ein Ruhen seiner Zulassung von bis zu zwei Jahren anordnen. Der betroffene Vertragsarzt kann dagegen vor dem Sozialgericht klagen.
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Letzte Überarbeitung: 24. Mai 2012