Ein Vertragsarzt ist ein Arzt, der zur medizinischen Versorgung von sozialversicherten, d.h. gesetzlich versicherten, Personen zugelassen ist. Vertragsärzte organisieren sich gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in den sogenannten Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) bzw. den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV). Sie arbeiten üblicherweise in einer Arztpraxis, können aber auch freiberuflich in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) tätig sein.
Die Zulassung als Vertragsarzt erhalten nur approbierte Ärzte, die die Weiterbildung zum Facharzt absolviert haben.
Rechtsgrundlagen für das Recht der Vertragsärzte sind im Wesentlichen das SGB V sowie die Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV). Beteiligte am Vertragsarztrecht sind die Krankenkassen, als Träger der gesetzlich Krankenversicherten, sowie die sogenannten Leistungserbringer, also die zur Erbringung von vertragsärztlichen Leistungen zugelassenen Einrichtungen wie Vertragsärzte, Krankenhäuser und medizinische Versorgungszentren.
Ob sich der Behandlungsvertrag des Vertragsarztes mit einem gesetzlich versicherten Patienten von dem eines Arztes mit einem Privatversicherten unterscheidet, war lange umstritten. (Siehe dazu auch unter Behandlungsvertrag.) Mittlerweile hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es sich um den gleichen Behandlungsvertrag, ebenfalls in Form eines Dienstvertrags nach § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handelt.
Allerdings ist die Vertragsfreiheit bei der vertragsärztlichen Versorgung etwas eingeschränkt. Zum einen muss ein Vertragsarzt einen Sozialversicherten behandeln, wenn dieser eine gültige Krankenversichertenkarte vorlegt, die Praxisgebühr entrichtet und kein vorrangiger Notfall zu behandeln ist. Zum anderen ist die freie Wahl unter den Ärzten für sozialversicherte Patienten insofern beschränkt, als sie sich nur durch Leistungserbringer behandeln lassen dürfen, sofern nicht ein Notfall vorliegt.
Der Vertragsarzt ist zur Erbringung vertragsärztlicher Leistung verpflichtet. D.h. er muss für die ärztliche Heilbehandlung und Arzneimittelversorgung seiner Patienten sorgen. Letzteres ergibt sich aus seinem Recht, Medikamente zu Lasten der Krankenkassen zu verordnen (§ 73 SGB V). Daraus folgt auch die Pflicht des Vertragsarztes und der übrigen Leistungserbringer, Verträge zwischen den Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen über ihr Zusammenwirken bei der Sicherstellung der vertragsärztlichen Leistungserbringung zu schließen.
Der Vertragsarzt ist verpflichtet, seine Leistungen persönlich zu erbringen. Er hat allerdings ein Delegationsrecht, sofern es sich nicht um den Kernbereich ärztlicher Leistung handelt. Das heißt, er kann medizinisches Personal anweisen, Hilfstätigkeiten für ihn auszuüben.
Eine weitere Ausnahme von der Pflicht der persönlichen Leistungserbringung ist die Möglichkeit der Vertretung. Gemäß § 32 Ärzte-ZV darf sich ein Vertragsarzt bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an einer ärztlichen Fortbildung bzw. Wehrübung innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Eine Vertragsärztin kann sich in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung bis zu einer Dauer von sechs Monaten vertreten lassen.
Dauert die Vertretung länger als eine Woche, so ist sie der Kassenärztlichen Vereinigung mitzuteilen. Die Vertretung darf nur durch einen anderen Vertragsarzt oder einen approbierten Facharzt erfolgen. Wird die Dauer der Vertretung innerhalb von zwölf Monaten um einen Monat überschritten, kann die Kassenärztliche Vereinigung überprüfen, ob der Vertreter die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt und keine Ungeeignetheit nach § 21 Ärzte-ZV (dazu unten) vorliegt.
Nach § 20 Ärzte-ZV ist der Arzt grundsätzlich verpflichtet, seine Tätigkeit in Vollzeit auszuüben. Bei einem schriftlichen Antrag, kann die Pflicht auf eine Halbzeittätigkeit beschränkt werden.
Neben der persönlichen Leistungserbringung ist der Vertragsarzt auch zur Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots verpflichtet. Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist in § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V verankert und besagt, dass die Leistung zweckmäßig und zugleich notwendig sein muss. Es soll also stets die günstigste, effektivste Leistung erbracht werden. Neue medizinische Methoden sind nur zulässig, sofern der Gemeinsame Bundesausschuss entsprechende Empfehlungen abgegeben hat (§ 135 Abs. 1 SGB V). (Näheres können Sie unter dem Stichwort Qualitätssicherung erfahren.)
Der Vertragsarzt ist auch verpflichtet, den Krankenkassen bei der Überprüfung der Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots zu helfen, das heißt, ihn trifft eine Mitwirkungspflicht. Er muss daher bei einer Überprüfung seinen Vergütungsanspruch begründen.
Verletzt ein Vertragsarzt sein(e) Pflicht(en), hat er ein Disziplinarverfahren zu fürchten. Die Voraussetzungen und Einzelheiten des Verfahrens sind der Satzung der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung zu entnehmen. Die von der Kassenärztlichen Vereinigung beauftragte Stelle erlässt, wenn sie einen Pflichtverstoß bejaht, einen Disziplinarbescheid. Dieser kann gemäß § 81 Abs. 5 SGB V eine Verwarnung, einen Verweis, die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder die Anordnung einer Geldbuße von bis zu 10.000 Euro enthalten. Gegen den Disziplinarbescheid kann Widerspruch eingelegt und sodann Klage vor dem Sozialgericht erhoben werden. Örtlich zuständig ist das Sozialgericht des Ortes, an dem die Kassenärztliche Vereinigung ihren Sitz hat bzw., sofern es sich um Fragen der Zulassung handelt, dort, wo der Vertragsarzt seinen Sitz hat (zum Vertragsarztsitz s.u.).
Daneben hat der Vertragsarzt die gleichen Konsequenzen wie jeder andere Arzt zu befürchten. Das heißt, er kann sich nach dem Strafgesetzbuch (StGB) strafbar gemacht haben und vor die ordentlichen Gerichte kommen (z. B. gemäß § 203 StGB bei Verletzung seiner Schweigepflicht.) Zudem können seine Verstöße auch von dem Berufsgericht geahndet werden. (Näheres erfahren Sie unter dem Stichwort ärztliches Berufsrecht.)
Die Voraussetzungen für die Erteilung und Beendigung der Zulassung zum Vertragsarzt sind in der Ärzte-ZV geregelt.
Voraussetzungen für die Zulassung sind gemäß § 3 Ärzte-ZV die Approbation als Arzt sowie ein erfolgreich erworbener Facharzttitel.
Gemäß § 1 Ärzte-ZV hat jede KV für jeden Zulassungsbezirk ein Arztregister, in dem die zugelassenen Ärzte verzeichnet sind. Die Eintragung erfolgt auf Antrag des Arztes bei der KV seines Wohnorts (§§ 3, 4 Ärzte-ZV). Er muss gemäß § 18 Ärzte-ZV schriftlich gestellt werden und die dort genannten Unterlagen enthalten. Die Zulassung erfolgt gemäß § 24 Ärzte-ZV am Niederlassungsort des Arztes (Vertragsarztsitz). Zieht der Arzt um, wird die Eintragung auf seinen Antrag umgeschrieben (§ 5 Ärzte-ZV).
Die Zulassung ist zu versagen, wenn der Arzt zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ungeeignet ist (§§ 20, 21 Ärzte-ZV). Dies ist der Fall, wenn er aufgrund einer anderen Tätigkeit nicht genügend für die persönliche Leistungserbringung zur Verfügung stehen kann oder schwerwiegende Mängel seiner Person, wie geistige Schwäche, Rauschgift- oder Alkoholsucht, gegeben sind.
Wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ist das Ruhen der Zulassung zu beschließen (§ 26 Ärzte-ZV).
Gemäß § 7 Ärzte-ZV wird der Arzt wieder aus dem Arztregister gestrichen, wenn er es beantragt, er gestorben ist oder er seine Approbation nicht bzw. nicht mehr hat.
Nach § 24 Ärzte-ZV erfolgt die Zulassung als Vertragsarzt für den Ort der Niederlassung des Arztes.
In überversorgten Gebieten, d.h. in Regionen, in denen zu viele Ärzte mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen wollen, gibt es seit dem 1. Januar 1993 grundsätzlich keine Möglichkeit sich als Arzt niederzulassen ohne dass ein anderer Arzt seinen Vertragsarztsitz abgibt.
Ein Interessent sollte mit einem ausscheidenden Vertragsarzt das Gespräch suchen, weil dieser Einfluss auf die Wahl seines Nachfolgers in dem von der Kassenärztlichen Vereinigung durchgeführten Nachbesetzungsverfahren nehmen kann.
Ein Nachbesetzungsverfahren hat auch dann stattzufinden, wenn ein Arzt in eine Praxisgemeinschaft (BGB-Gesellschaft) eintreten möchte, allerdings stehen den Mitgliedern der Gemeinschaftspraxis Mitwirkungsrechte bei der Entscheidung zu (§ 103 SGB V).
Da eine isolierte Übertragung des Vertragsarztsitzes nicht möglich ist, ist die Einordnung des Vertragsarztsitzes durch die Finanzverwaltung als nicht abschreibungsfähig, umstritten.
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Letzte Überarbeitung: 10. Februar 2011