Ein ambulanter Pflegedienst ist eine Pflegeeinrichtung. Der Pflegedienst nimmt im Auftrag der Pflegekassen die pflegerische Versorgung der Versicherten wahr. Im Unterschied zum Pflegeheim werden die Versicherten von dem Pflegedienst in ihrer eigenen Wohnung gepflegt und hauswirtschaftlich versorgt.
Nach § 12 Abs. 1 Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) sind die Pflegekassen für die pflegerische Versorgung ihrer Versicherten verantwortlich. Die Pflegekassen schließen mit den ambulanten Pflegediensten einen Versorgungsvertrag, um ihre Aufgaben im ambulanten Bereich bzw. der häuslichen Pflege erfüllen zu können.
Für die bedarfsgerechte und dem medizinischen Standard entsprechende Pflege der bedürftigen Personen vergüten die Pflegekassen den Pflegedienst aus ihren finanziellen Mitteln.
Pflegeeinrichtungen mit denen, die Pflegekassen einen Versorgungsvertrag nach § 72 Abs. 1 SGB XI abgeschlossen haben, sind für die Versorgung der Versicherten zugelassen.
Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung und den Landesverbänden der Pflegekassen geschlossen.
Mit Abschluss des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Pflegeeinsätzen nach § 37 Abs. 3 SGB XI auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung entsprechend zu vergüten.
Der Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI zwischen dem ambulanten Pflegedienst und den Pflegekassen ist nicht mit der schriftlichen Vereinbarung des Pflegebedürftigen mit dem Pflegedienst zu verwechseln, die überwiegend auch als “Versorgungsvertrag“ bezeichnet wird.
Für die Zulassung der Pflegeeinrichtung und deren Versorgungsauftrag gilt stets auch der Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 und 2 SGB XI (siehe nächste Frage).
Den Rahmenvertrag schließen die Landesverbände der Pflegekassen mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen in dem jeweiligen Bundesland (AWO, Caritas, DRK etc.) unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land.
Der Rahmenvertrag ist in § 75 Abs. 1 und 2 SGB XI gesetzlich vorgeschrieben und hat das Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Ein Beispiel dafür, wie ein solcher Rahmenvertrag in den Ländern auszusehen hat, finden Sie hier für das Land Baden-Württemberg.
Für Pflegeeinrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Pflegeeinrichtung angehört.
Bei Rahmenverträgen über ambulante Pflege sind die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe zu beteiligen.
Der Rahmenvertrag gilt für alle Versorgungsverträge der ambulanten Pflegedienste und regelt insbesondere:
- den Inhalt der Pflegeleistungen,
- die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte und der hierzu erforderlichen Bescheinigungen und Berichte,
- die personelle und sachliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen,
- die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege,
- Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim,
- den Zugang des Medizinischen Dienstes und sonstiger von den Pflegekassen beauftragter Prüfer zu den Pflegeeinrichtungen,
- die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeitsprüfungen,
- die Grundsätze zur Festlegung der örtlichen oder regionalen Einzugsbereiche der Pflegeeinrichtungen, um Pflegeleistungen ohne lange Wege möglichst orts- und bürgernah anzubieten,
- die Möglichkeiten, unter denen sich Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegepersonen und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in der häuslichen Pflege sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an der Betreuung Pflegebedürftiger beteiligen können.
Unbedingt erforderlich für die Gründung und Anerkennung eines ambulanten Pflegedienstes ist mindestens eine ausgebildete Pflegefachkraft, die die ständige Verantwortung für die Einrichtung und die Pflegebedürftigen übernimmt. Wegen des Mangels an qualifizierten Fachkräften im Pflegebereich stellt dies regelmäßig eine große Hürde dar.
Die Pflegeeinrichtung muss im Übrigen die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten sowie eine in Pflegeeinrichtungen ortsübliche Arbeitsvergütung an ihre Beschäftigten zahlen.
Sie muss sich außerdem verpflichten die Vereinbarungen über die Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität und die Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Pflege nach § 113 SGB XI einzuhalten und ein Qualitätsmanagement einzuführen sowie alle Expertenstandards nach § 113a SGB XI anzuwenden.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Zulassung und Abschluss des Versorgungsauftrages, vorrangig mit freigemeinnützigen und privaten Trägern.
Neben den Pflegekassen können auch mit den Krankenversicherungen vertragliche Vereinbarungen über die häusliche Krankenpflege geschlossen werden.
Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach dem SGB V werden bei medizinischer Notwendigkeit ärztlich verordnet. Abrechenbare Leistungen der Krankenversicherung sind u. a. häusliche Krankenpflege und Grundpflege nach § 37 SGB V sowie Haushaltshilfe nach § 38 SGB V.
Die Voraussetzungen ihres Tätigwerden sind außerdem in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V und Bundesrahmenempfehlungen nach § 132 a Abs. 1 SGB V geregelt. Da diese Bundesempfehlungen jedoch vielerorts noch nicht existieren, werden die entsprechenden Voraussetzungen derzeit in den Verträgen zwischen den Pflegediensten und Krankenkassen nach § 132 a Abs. 2 SGB V geregelt.
Je nach Bundesland werden für die Zulassung von den Krankenkassen drei bis vier Mitarbeiter sowie eine ausreichende räumliche und organisatorische Ausstattung erwartet. Die Pflegedienstleitung und mindestens deren Stellvertreter sollten examinierte Kranken- oder Altenpfleger mit Berufserfahrung sein. Häufig sind darüberhinaus zwei Vollzeitkräfte (mit Examen) einzustellen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung als verantwortliche Pflegefachkraft nennt § 71 Abs. 3 SGB XI. Sie wird häufig auch als Pflegedienstleitung (abgekürzt: PDL) bezeichnet. Sie benötigt eine abgeschlossene Berufsausbildung als Altenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger sowie eine praktische Berufserfahrung in dem erlernten Beruf von zwei Jahren. Die zweijährige Berufserfahrung muss – mit einigen Ausnahmen, z.B. Elternzeit – innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Antragstellung erbracht worden sein.
Außerdem gelten nach dem Landesgesetz ausgebildete Heilerziehungspfleger und Heilerzieher mit entsprechender Berufserfahrung als ausgebildete Pflegefachkraft, allerdings nur für solche Pflegedienste, „die überwiegend behinderte Menschen pflegen und betreuen“ (vgl. § 71 Abs. 3 Satz 2 SGB XI).
Schließlich muss für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft die erfolgreiche Durchführung einer Weiterbildungsmaßnahme für leitende Funktionen mit einer Mindeststundenzahl von 460 Stunden nachgewiesen werden. Die durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz zum 01.07.2008 eingeführte Regelung stellt diese Zulassungsvoraussetzung, die zuvor lediglich in den nach § 113 SGB XI vereinbarten Grundsätzen und Maßstäben zur Qualität und Qualitätssicherung vorgesehen war, auf eine gesetzliche Grundlage.
Verantwortung ist nicht mit ständiger Anwesenheit gleichzusetzen. Alle von der Einrichtung zu erbringenden pflegerischen Leistungen müssen lediglich „rund um die Uhr“ von einer Fachkraft organisatorisch und inhaltlich verantwortet werden. Dazu zählen vor allem die fachliche Überprüfung des Pflegebedarfs, die Planung des Pflegeprozesses, die fachgerechte Führung der Pflegedokumentation, die Anleitung nicht ausgebildeter Pflegekräfte und zumindest die Möglichkeit der jederzeitigen Kontrolle.
Hierzu benötigt die verantwortliche Pflegefachkraft eine Weisungsbefugnis, die regelmäßig gegenüber den in der Einrichtung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses angestellten Pflegekräften vorliegt. Die Weisungsbefugnis kann auch bei beauftragten Selbständigen vorliegen, hierbei muss jedoch auf das Problem der „Scheinselbständigkeit“ geachtet werden.
Neben dem Rahmenvertrag müssen die Pflegekassen mit dem ambulanten Pflegedienst eine Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI schließen, um ihre Leistungen gegenüber den Pflegekassen abrechnen zu können.
Die Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen erfolgt für alle Pflegedienste nach Punktzahlen. Es bestehen einheitliche Punktzahlen der Leistungskomplexe für alle Pflegedienste. Ein Beispiel für dieses Punktesystem finden Sie hier. Die Punktzahlen der Leistungskomplexe werden je nach Vereinbarung mit den einzeln vereinbarten Punktwerten multipliziert und ergeben die Preise.
Ja. Der Versorgungsvertrag kann von beiden Seiten entsprechend den Vorgaben in § 74 Abs. 1 SGB XI gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt ein Jahr.
Die fristlose Kündigung ist nur bei groben Verstößen zulässig, die ein Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zumutbar machen. Beispiele hierfür sind die körperliche Misshandlung oder Vermögensschädigung von Pflegebedürftigen. Bei einer Falschabrechnung gegenüber den Pflegekassen soll der Kündigung grundsätzlich eine Abmahnung vorausgehen.
Auch die fristgemäße Kündigung durch die Landesverbände ist nicht zulässig, wenn die Einrichtung nur vorübergehend eine Zulassungsvoraussetzung (leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung, verantwortliche Pflegefachkraft) nicht mehr erfüllt.
Außerdem sollen die Landesverbände der Pflegekassen im Einvernehmen mit den zuständigen Trägern der Sozialhilfe zur Vermeidung einer Kündigung mit dem ambulanten Pflegedienst vereinbaren, dass
- die verantwortliche Pflegefachkraft sowie weitere Leitungskräfte zeitnah erfolgreich geeignete Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen absolvieren,
- die Pflege, Versorgung und Betreuung weiterer Pflegebedürftiger bis zur Beseitigung der Kündigungsgründe ganz oder teilweise vorläufig ausgeschlossen ist.
Ja. Der Begriff "Zulassung" betrifft in diesem Zusammenhang nur die Erlaubnis an der öffentlichen Gesundheitsverdorgung teilzunehmen und mit den Pflege- oder Krankenversicherungen abzurechnen. Der Betrieb eines Pflegedienstes als Gewerbe oder Freiberufler gegen private Abrechnung bleibt selbstverständlich möglich.
Eine Teilnahme an dem Abrechnungssystem der Pflege- und Krankenkassen bei wenig finanzstarken Pflegebedürftigen ist dann jedoch nicht möglich.
Soziale Dienstleistungen können freiberuflich oder gewerblich sein. Die Entscheidung trifft je nach dem Umfang des eingerichteten Geschäftsbetriebes das Finanzamt mit Folgen für Anmelde- und Steuerpflichten.
Nein. Bereits im Jahr 2004 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der ambulante Pflegedienst von der Umsatzsteuer für Einnahmen aus der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung gegenüber pflegebedürftigen Personen befreit ist.
Im Jahr 2008 hat der BFH außerdem - im Einklang mit europarechtlichen Vorgaben nach einem Urteil des EuGH - entschieden, dass das auch für die Einnahmen gelte, die der Pflegedienst aus der Betreuung kleiner oder selbst hilfebedürftiger Kinder erzielt, weil diese Betreuung so eng mit der Pflege des erkrankten Elternteils verbunden ist.
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Letzte Überarbeitung: 13. Juli 2012