Seit Mitte des Jahres 2009 enthält das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eine Definition der Patientenverfügung.
Nach § 1901a BGB handelt es sich dabei um
- die schriftliche Festlegung
- eines einwilligungsfähigen Volljährigen
- über die Entscheidung, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe
- für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit einwilligt oder sie untersagt.
Mit anderen Worten, jeder kann auf ein Blatt Papier in eigenen Worten aufschreiben, welche ärztliche Behandlung er sich für den Fall einer zukünftigen Krankheit, die ihm das Bewusstsein raubt oder es trübt, wünscht. Nach dem Gesetzestext handelt es sich bei diesem Blatt Papier, auf dem ein Volljähriger Ausführungen zu ärztlichen Eingriffen im Falle seiner Einwilligungsunfähigkeit macht, um eine gültige Patientenverfügung. Allerdings wird für die Gültigkeit außerdem noch gefordert, dass
- "bestimmte" Maßnahmen genannt werden und
- die geäußerten Wünsche noch der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entsprechen.
Die Patientenverfügung wird manchmal auch als Patiententestament bezeichnet. Dieser Begriff ist jedoch irreführend, weil ein Testament erst mit dem Tod des Verfassers Wirkung entfaltet, die Patientenverfügung aber schon vorher gilt.
Die Patientenverfügung dient dazu, den Widerspruch zwischen der Verpflichtung des Arztes zur Lebensrettung und dem Recht des Patienten selbst darüber bestimmen zu können, wann und wie lange er leben und sterben möchte.
Die Patientenverfügung erlaubt es jedem Bürger festzuhalten, welche Behandlung er bei welcher Erkrankung wünscht. Diese Möglichkeit ist Ausfluss des Grundrechts auf Selbstbestimmung.
Die Vorschrift § 1901a BGB Abs. 1 BGB spricht von einer „schriftlichen Festlegung“. Schriftlich bedeutet nach § 126 BGB mit der Unterschrift des Erklärenden versehen.
Allerdings kann auch einer mündlichen Patientenverfügung über § 1901a Abs. 2 BGB zur Geltung verholfen werden. Der Arzt ist verpflichtet eine nicht unterschriebene oder mündliche Erklärung in seine Überlegungen zur Behandlung des Patienten einfließen zu lassen.
Die Einwilligungsfähigkeit ist bei jedem Menschen gegeben, der in der Lage ist, die Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung zu erkennen, angemessen zu beurteilen und danach zu handeln. Bei einer geistig gesunden Person über 18 Jahren ist dies regelmäßig der Fall. Bei Minderjährigen ist auf den Einzelfall abzustellen. Näheres erfahren Sie auch unter dem Stichwort Einwilligungsfähigkeit.
Die Patientenverfügung gilt nicht allein für Krankheiten, die definitiv zum Tod führen. Sie wird allerdings überwiegend dafür genutzt.
Die meisten Patientenverfügungen beziehen sich auf Krankheitsverläufe, die verbunden sind mit einer Bewusstseinsausschaltung oder Bewusstseinstrübung und einen in absehbarer Zeit schmerzvoll oder von großer Not begleiteten Sterbeprozess.
Die Patientenverfügung richtet sich an jeden, der mit der Behandlung des Patienten zum Zeitpunkt seiner Einwilligungsunfähigkeit betraut ist. Adressaten einer Patientenverfügung sind damit in erster Linie Ärzte, aber auch Pfleger, Bevollmächtigte und Betreuer des Patienten.
Prinzipiell kann der Patient auf jede Behandlungsmaßnahme verzichten, auch wenn dieser Verzicht objektiv unvernünftig ist (z.B. Verzicht auf Bluttransfusion von Zeugen Jehovas). Eine Behandlung gegen den Willen des Patienten stellt eine Körperverletzung dar. Dieser Patientenwille ist aber nur insoweit verbindlich, als er sich gegen Maßnahmen richtet, die in die körperliche Unversehrtheit eingreifen. Verlangt der Patient getötet zu werden, so darf der Arzt diesem Verlangen nach direkter Sterbehilfe wegen § 216 StGB nicht Folge leisten.
In der Praxis werden in der Patientenverfügung für den Fall einer tödlich verlaufenden Krankheit, die das Bewusstsein ausschaltet und unabänderlich zum Tode führt, solche diagnostischen und therapeutischen ärztlichen Maßnahmen abgelehnt, die letztlich nur dazu dienen, dass Leben künstlich zu verlängern.
Geht der Wille des Patienten aus seiner Verfügung nicht genau hervor, entfaltet sie keine rechtliche Bindung.
Sie stellt dann ein starkes Indiz für den mutmaßlichen Willen des Patienten dar. Ist ein Patient nämlich nicht in der Lage, seinen Willen zu bekunden, müssen Ärzte, um ihn behandeln zu dürfen, auf seine mutmaßliche Einwilligung abstellen. Das heißt, sie müssen erforschen, was der Patient gewollt hätte. Dafür ist zum einen auf frühere Aufzeichnungen des Patienten abzustellen (und damit dann auch auf die Patientenverfügung), zum anderen sind seine Angehörigen bzw. Betreuer zu befragen.
Wenn keine Patientenverfügung vorliegt, müssen der Betreuer oder der Bevollmächtigte des Patienten, entscheiden, ob der Patient künstliche lebensverlängernde Maßnahmen gewünscht oder abgelehnt hätte.
Dabei müssen sie schriftliche und mündliche Aussagen in der Vergangenheit, ethische oder religiöse Überzeugungen und persönliche Wertvorstellungen des Patienten berücksichtigen (§ 1901a Abs. 2 Satz 3 BGB). Außerdem sollen sich – soweit erreichbar – die Angehörigen zu diesen Fragen äußern und Stellung beziehen können (§ 1901b Abs. 2 BGB).
Fehlt es hierzu an jeglichen Anhaltspunkten, so muss im Rahmen des „mutmaßlichen Willens“ im Zweifel davon ausgegangen werden, dass der Patient sich für das Leben entscheidet (in dubio pro vita).
Der Bevollmächtigte ergibt sich aus der Vorsorgevollmacht des Patienten. In der Regel werden als Bevollmächtigte Personen ausgewählt, zu denen der Patient ein enges Vertrauensverhältnis besitzt. In der Praxis handelt es sich zumeist um nahe Verwandte oder sonstige Vertrauenspersonen.
Nach § 1897 BGB kommen nachrangig zu einer vom Patienten vorgeschlagenen Person insbesondere der Ehegatte, Kinder, Eltern, Lebenspartner, Lebensgefährte und sonstige Personen mit verwandtschaftlicher oder persönlicher Bindung in Betracht. Der Personenkreis von Bevollmächtigten und Betreuern unterscheidet sich in der Praxis also kaum.
Die Patientenverfügung kann jederzeit formlos und mündlich widerrufen werden. Der Widerruf muss nicht einmal artikuliert werden, sondern es genügt ein Zeichen, z.B. Kopfnicken, auf eine entsprechende Frage des Arztes.
Eine gerichtliche Kontrolle der Entscheidungen ist dann möglich, wenn zwischen Arzt und Patientenvertreter keine Übereinstimmung darüber besteht, dass die Erteilung, Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung bzgl. einer medizinischen Maßnahme dem Willen (bzw. dem mutmaßlichen Willen) des Patienten entspricht (§ 1904 Abs. 4 BGB).
Teilweise wird gefordert, dass eine Patientenverfügung in regelmäßigen Abständen bestätigt werden müsste. Meist ist von einem Zeitraum zwischen sechs Monaten und fünf Jahren die Rede. Diese Ansicht ist allerdings wenig verständlich. Denn andere schriftlich festgehaltene Erklärungen, wie zum Beispiel das Testament, müssen auch nicht in regelmäßigen Abständen erneuert werden. Eine Patientenverfügung bleibt vielmehr bis zu ihrem Widerruf gültig.
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Letzte Überarbeitung: 6. Juli 2012