Die Abkürzung IGeL steht für Individuelle Gesundheitsleistungen. Individuelle Gesundheitsleistungen sind Leistungen eines Arztes gegenüber einem gesetzlich versicherten Patienten, deren Kosten seine Krankenkasse nicht übernehmen muss, die er aber ausdrücklich wünscht und die medizinisch empfehlenswert oder aufgrund des ausdrücklichen Patientenwunsches zumindest vertretbar sind.
Im Einzelnen bedeutet das:
- IGeL können nur mit einem gesetzlich versicherten Patienten vereinbart werden, nicht aber mit Privatpatienten oder Personen, die überhaupt nicht krankenversichert sind;
- Die Leistung muss von einem Vertragsarzt erbracht werden. Ein Vertragsarzt ist ein Arzt, der von der kassenärztlichen Vereinigung zur Behandlung von gesetzlich Versicherten zugelassen wurde.
- Die Krankenkassen sind nicht verpflichtet, die Kosten für die Leistung zu übernehmen. Damit darf die Leistung keine vertragsärztliche Leistung sein.
Was vertragsärztliche Leistungen sind, ergibt sich zunächst aus dem sogenannten Leistungskatalog. Dieser wird von dem gemeinsamen Bundesausschuss aufgestellt, der aus den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildet wird (vgl. §§ 91, 92 Sozialgesetzbuch V). Zweitens sind vertragsärztliche Leistungen gemäß § 12 Sozialgesetzbuch (SGB V) nur solche, die zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig sind.
Die Krankenkassen übernehmen jedenfalls keine Kosten für Leistungen, die weder im Zuge einer Erkrankung noch zur Vorsorge vorgenommen werden, sondern nur auf der individuellen Lebensgestaltung des Patienten beruhen. Leistungen, die der individuellen Lebensgestaltung des Patienten zugeordnet werden, sind zum Beispiel Untersuchungen und Impfungen vor einem Auslandsaufenthalt bzw. Tauglichkeitsuntersuchungen für bestimmte Aktivitäten. Des Weiteren übernehmen gesetzliche Krankenkassen auch keine Kosten für Leistungen, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht erwiesen ist.
Es gibt keinen Katalog, der alle IGeL abschließend aufzählt. Es gibt aber einen IGeL Empfehlungskatalog, der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und den ärztlichen Berufsverbänden herausgegeben wird. Leistungen, die weder im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) noch im IGeL Empfehlungskatalog aufzufinden sind, sind unter Umständen als individuelle Gesundheitsleistungen zugelassen; dies ist aber besonders zu begründen.
Der IGeL Empfehlungskatalog umfasst unter anderem:
- Früherkennungs-IGeL wie zusätzliche, jährliche Gesundheitsuntersuchungen, die Glaukomfrüherkennung (Früherkennung des Grünen Stars), Ultraschall- Untersuchungen von Organen oder die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens ohne Hinweise auf Prostata-Krebs;
- Freizeit-, Urlaub-, Sport-IGeL wie reisemedizinische Beratungen einschließlich Impfberatungen und Impfungen, Tauglichkeitsuntersuchungen für Extremsportarten und sportmedizinische Beratungen;
- Kosmetische IGeL wie ästhetische Operationen oder die Entfernung von Tätowierungen;
- Service-IGeL wie Bescheinigungen für den Besuch des Kindergartens, der Schule, des Sportvereins oder bei Reiserücktritt, ärztliche Berufseingangsuntersuchungen und die ärztliche Begutachtung zur Beurteilung der Wehrtauglichkeit auf Wunsch des Patienten;
- Labor-IGeL wie die Bluttgruppenbestimmung sowie
- Psychotherapie-IGeL wie Stressbewältigungs- oder Paartherapien.
Die IGeL müssen von dem Patienten selbst bezahlt werden. Er bekommt sie auch nicht im Nachhinein von seiner Krankenkasse ersetzt.
Die Kosten für individuelle Gesundheitsleistungen berechnen sich nach der GOÄ. (Zu näheren Informationen über die Berechnung nach der GOÄ, klicken Sie bitte hier.)
Der Arzt darf die individuellen Gesundheitsleistungen nur im Rahmen seines Fachgebiets vereinbaren. Bei Zuwiderhandlungen kann er auf Unterlassung verklagt werden.
Zur Bindung des Arztes an sein Fachgebiet lesen Sie bitte unter dem Stichwort Facharzt nach.
Darüber hinaus hat der Arzt das Recht, für die von ihm angebotenen IGeL zu werben. Er muss den Patienten aber vorrangig über die Leistungen, die für die Behandlung in Betracht kämen und von seiner Krankenkasse übernommen würden, aufklären. Erst im Anschluss darf er IGeL vorstellen, über die er aber ebenfalls sachlich aufzuklären hat. Keinesfalls darf er dem Patienten die Leistungen aufdrängen, die Initiative muss vielmehr vom Patienten ausgehen.
Um individuelle Gesundheitsleistungen wirksam vereinbaren und damit auch abrechnen zu können, müssen sie vor der Erbringung der Leistung mit dem Patienten besprochen werden. Dabei muss der Arzt den Patienten über die IGeL umfänglich aufklären (lesen Sie hierzu mehr unter dem Stichwort Aufklärungspflicht) und darauf hinweisen, dass er die Kosten für die IGeL selbst tragen muss und nicht von der Krankenkasse erstattet bekommt. Anschließend (aber ebenfalls vor Leistungserbringung) müssen sie gemäß §§ 3 Abs. 1 und 18 Abs. 8 des Bundesmantelvertrags Ärzte (BMV-Ä) schriftlich in einem Behandlungsvertrag festgehalten werden.
Man kann sagen, dass IGeL von den gesetzlichen Krankenversicherungen gerade deswegen nicht bezahlt, weil sie nicht medizinisch notwendig sind.
Dass die IGeL in den Leistungskatalog der Krankenkassen nicht aufgenommen werden, hat im Einzelnen aber unterschiedliche Gründe. Zum Teil handelt es sich um Leistungen wie Atteste oder Reiseimpfungen, die nicht per Gesetz zu den Aufgaben der Krankenkassen gehören. Der größere Teil sind jedoch medizinische Maßnahmen zur Vorsorge, Früherkennung und Therapie von Krankheiten, die nicht zeigen können oder nicht gezeigt haben, dass sie, wie es das Gesetz fordert, „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“.
Es handelt sich also bei der Übernahme einer Leistung durch die Krankenkassen (zu Lasten der finanziellen Situation der Solidargemeinschaft) um eine Kosten-Nutzen-Abwägung. Deswegen lehnt das Gesetz die Übernahme der Leistung für alle Patienten ab.
Deshalb kann bei einer IGeL jeder Einzelne entscheiden, ob sich der Zweck der Behandlung "für ihn rechnet". Als Patient müssen Sie also individuell anhand Ihrer Behandlungssituation entscheiden, ob sie die Kosten für eine IGeL aufwenden wollen, weil Sie sich davon Behandlungserfolge versprechen. Hilfe bei der Orientierung und Bewertung einer IGeL kann der "IGeL-Monitor" der gesetzlichen Krankenversicherungen geben.
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Fragen rund um das Thema IGeL finden Sie hier:
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Letzte Überarbeitung: 6. Juli 2012