Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Beschäftigung, d.h. auf vertragsgemäße Zuweisung von Arbeitsaufgaben. Würde der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer "einfach so" von der Arbeit freistellen, würde das dem Beschäftigungsanspruch zuwiderlaufen.
Ebenso muss der Arbeitgeber bei Arbeitsanweisungen den Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung erfüllen. Den Arbeitnehmer mit zu wenigen und/oder unterwertigen (Schein-)Aufgaben zu betrauen ist deshalb unzulässig.
Würde der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer also aufgrund seines fortgeschrittenen Alters keine oder zu wenig vertragsgemäße Aufgaben zuweisen, wäre das eine altersbedingte Diskriminierung.
Der Anspruch auf Beschäftigung und ein denkbarer Anspruch auf Diskriminierungsentschädigung ist gegen denjenigen zu richten, der zur vertragsgemäßen Beschäftigung verpflichtet ist. Das hat das das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in einem aktuellen Fall entschieden. Dabei handelt es sich zwar in aller Regel den Partner des Arbeitsvertrags, d.h. den Vertragsarbeitgeber, kann aber ausnahmsweise auch ein anderer sein, wenn dieser allein die Berechtigung (und die Pflicht) zur Beschäftigung hat.
Ein 63 Jahre alter Oberarzt klagte gegen seinen Vertragsarbeitgeber, die Universität Düsseldorf. Der Arzt wirft der Universität vor, er werde seit 2009 zu deutlich weniger großen Herzoperationen herangezogen und ihm würden keine Weiterbildung im Bereich der minimalinvasiven Eingriffe ermöglicht.
Daraufhin verklagte er die Universität wegen Altersdiskriminierung vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf. Er stellte einen Antrag auf Beschäftigung als Oberarzt und Operateur und ihn für mindestens 100 Operationen im Jahr einzuteilen. Zusätzlich verlangte er wegen der erlittenen Diskriminierung bzgl. seines Alters eine Geldentschädigung von wenigstens 5.000 EUR.
Die Klage wurde vom Arbeitsgericht abgewiesen (Urteil vom 20.12.2013, 1 Ca 3468/13).
Der Oberarzt bzw. sein Anwalt hatten den falschen Beklagten erwischt, weshalb seine Klage auch in der Berufungsinstanz vor dem LAG Düsseldorf abgewiesen wurde.
Laut § 15 der Rechtsverordnung über die Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen (UKVO) ist das wissenschaftliche Personal der Universität verpflichtet, im Universitätsklinikum (und nicht in der Universität) Aufgaben in der Krankenversorgung zu erfüllen. Der Oberarzt arbeitete dementsprechend im Universitätsklinikum und war dem dortigen Chefarzt zugeordnet, der das Weisungsrecht ausübte.
Die Universität kann also weder zur Beschäftigung noch zur Zahlung einer Entschädigung wegen einer möglichen Altersdiskriminierung verurteilt werden, so das LAG. Die Universitätsklinik wäre der richtige Beklagte gewesen.
Die Klinik ist gemäß der gesetzlich geregelten, für Universität und Klinik jeweils getrennten Aufgaben auch nicht als Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfe der Universität anzusehen. Die Universität hat nämlich gar keine Aufgaben der Patientenversorgung, die sie an die Klinik delegieren könnte.
Fazit: Gemäß § 15 Abs.4 AGG muss ein Anspruch auf Entschädigung wegen Diskriminierung schriftlich geltend gemacht werden, und zwar innerhalb von zwei Monaten, nachdem der Betroffene von der Benachteiligung Kenntnis erlangt hat. Die Klage muss außerdem binnen weiterer drei Monate bei Gericht eingegangen sein (§ 61b Abs.1 Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG). Falls der klagende Arzt nicht noch parallel die Universitätsklinik verklagt haben sollte, sieht es für ihn schlecht aus. Denn diese Fristen sind hier im Streitfall schon lange abgelaufen und die Ansprüche daher wegen Fristablaufs erloschen.
Im Zweifelsfall sollten deshalb immer alle in Betracht kommenden Anspruchsgegner im Arbeitgeberlager belangt werden. Denn hätte der Arzt hier die Universität und die Klinik verklagt, hätte das zwar eine geringfügige Mehrbelastung mit Prozesskosten zur Folge gehabt, nicht aber die Abweisung der Klage allein aus formaljuristischen Gründen.
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Letzte Überarbeitung: 8. Februar 2017