Die Zulassung von Arzneimitteln ist im Arzneimittelgesetz (AMG) geregelt. Die §§ 5, 7 und 8 AMG bestimmen, welche Medikamente nicht bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden dürfen. Die §§ 21 ff. AMG regeln die Zulassung im Einzelnen. Weitere Informationen zum AMG finden Sie unter dem Stichwort Arzneimittelsicherheitsrecht.
Dem Unternehmen steht es frei, sein Arzneimittel nach § 21 AMG nur in Deutschland oder auch noch anderen EU-Mitgliedsstaaten oder sogar im gesamten EU-Binnenmarkt zuzulassen.
Grundsätzlich zuständig für die Zulassung von Medikamenten in Deutschland ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
Für Sera, Impfstoffe, Blutzubereitungen, Knochenmarkzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergene, Gentransfer-Arzneimittel oder somatische Zelltherapeutika ist gemäß §§ 77 I, II AMG das Paul-Ehrlich-Institut in Langen (Hessen) zuständig. Für Arzneimittel, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind, ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zuständig (vgl. § 77 AMG).
Für Arzneimittel, die bestimmte neue Wirkstoffe enthalten oder gegen seltene Erkrankungen sowie für Arzneimittel, die mit Hilfe bestimmter biotechnologischer Verfahren hergestellt wurden und für bestimmte Tierarzneimittel ist die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA, European Medicines Evaluation Agency) mit Sitz in London zuständig. Lässt die EMEA ein Arzneimittel zu, gilt diese Zulassung EU-weit.
Das pharmazeutische Unternehmen muss einen Antrag auf Zulassung mit zahlreichen Angaben und Nachweisen bei der zuständigen Behörde stellen. Ein Rechtsanspruch des beantragenden pharmazeutischen Unternehmens auf Zulassung besteht, wenn keine Versagungsgründe im Sinne von § 25 Abs. 2 AMG vorliegen. Die Beweislast für die therapeutische Wirksamkeit trägt das Unternehmen.
Wird die Zulassung verweigert, obwohl Versagungsgründe nicht vorliegen und die therapeutische Wirksamkeit bewiesen ist, kann das Unternehmen Widerspruch gegen den Versagungsbescheid einlegen. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, kann Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden.
Vor der Prüfung der Zulassung des Arzneimittels durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird es einem Sachverständigen zur Vorprüfung vorgelegt. Werden hierbei Mängel festgestellt, bekommt der Antragssteller die Möglichkeit, diese zu beseitigen (§ 25a AMG).
Im Anschluss daran wird eine Kommission angehört, die aus Fachleuten der Heilberufe, sowie Apothekern und pharmazeutischen Unternehmern besteht. Das BfArM ist an die Meinung der Kommission hinsichtlich der Zulassung allerdings nicht gebunden.
Das BfArM hat 7 Monate Zeit, eine Entscheidung zu treffen, § 27 AMG. Wird dem Antragssteller die Möglichkeit der Mängelbeseitigung eingeräumt, wird die Frist solange gehemmt. Überschreitet das BfArM die Frist, kann der Antragssteller eine sogenannte Untätigkeitsklage vor dem Verwaltungsgericht erheben.
Die Zulassung kann unbeschränkt erteilt oder mit bestimmten Auflagen versehen werden. Sie erfolgt für eine bestimmte Indikation. Diese hat einen stark empfehlenden Charakter für den Arzt, er ist an sie aber nicht gebunden (vgl. off label use).
Wurde für das Arzneimittel bereits eine Zulassung in einem EU Mitgliedsstaat erteilt, "soll" diese Zulassung in einem anderen EU-Mitgliedsstatt anerkannt werden, sofern keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit besteht. Bei Meinungsverschiedenheiten richtet sich die Anerkennung nach den Artikeln 28 ff. der EU-Richtlinie 2011/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel.
Alle Fertigarzneimittel bedürfen einer Zulassung. Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die industriell und gewerblich hergestellt werden (§ 4 AMG). Zulassungspflichtige Fertigarzneimittel können in Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG und Fiktiv-Berührungsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 AMG unterteilt werden. Die zweite Kategorie ist lediglich dazu da, Stoffe als Arzneimittel einzuordnen, die mit Medizinprodukten (z.B. einem Pflaster) verbunden werden.
Nicht zugelassen werden müssen Rezepturarzneimittel, also solche, die auf Anforderung eines Einzelnen in einer Apotheke hergestellt werden. Ebenfalls nicht zugelassen werden müssen gemäß § 21 AMG Defekturarzneimittel. Das sind Arzneimittel, die auf Grund ihrer häufigen Verschreibung in einer Apotheke bis zu einer Menge von hundert Packungen pro Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe entsprechend der Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind.
Auch homöopathische Arzneimittel müssen nicht zugelassen, sondern nur registriert werden (§§ 38 ff AMG).
Darüber hinaus kann das Bundesministerium nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmte Arzneimittel von der Pflicht zur Zulassung freistellen, soweit durch sie keine Gesundheitsgefährdung zu befürchten ist, weil die Anforderungen an die erforderliche Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit erwiesen sind (§ 36 AMG). In dieser Aufstellung enthalten ist neben Tees und pflanzlichen Wirkstoffen auch der Wirkstoff Acetylsalicylsäure, der sich seit Jahren als Massenarzneimittel am Markt bewährt hat.
Unter den Voraussetzungen des compassionate use dürfen ausnahmsweise Arzneimittel verwendet werden, die in Deutschland keine Zulassung besitzen (sondern z.B. in den USA). Nur im Fall schwerwiegender Erkrankungen, die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufriedenstellend behandeln werden können, ist deren Einsatz erlaubt. Strenge Anforderungen an den "compassionate use" stellt Art. 83 der EU-Verordnung 726/2004/EG.
Off label use bezeichnet die Verwendung eines Arzneimittels durch einen Arzt außerhalb seiner Zulassung - also außerhalb des "lables". Diese Arzneimittel haben - anders als beim compassionate use - sehr wohl eine Zulassung in Deutschland, allerdings für eine ganz andere Indikation oder Zielgruppe. Der off label use ist zulässig, wenn die behandelte Krankheit lebensbedrohlich ist, eine vernünftige alternative Behandlungsmethode aber nicht gegeben ist und in Fachkreisen Einigkeit dahingehend besteht, dass das angewandte Arzneimittel sich positiv auf die Erkrankung auswirken kann.
Ob die therapeutische Wirksamkeit gegeben ist, muss nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.
Nach den Grundsätzen des Beweisrechts müsste das Bundesgesundheitsministerium das Fehlen der therapeutischen Wirksamkeit beweisen. Dieser Negativbeweis, also das Nichtvorliegen der Wirksamkeit, ist aber vor allem unter dem Aspekt des Placeboeffekts schwierig zu führen. Deshalb bestimmt § 25 Abs. 3 AMG, dass die therapeutische Wirksamkeit fehlt, wenn der Antragsteller nicht entsprechend dem jeweils gesicherten Stand der Wissenschaft Ergebnisse nachweist, wonach sich mit dem Arzneimittel therapeutische Erzeugnisse, wenn auch nur in einer geringen Zahl der Fälle, erzielen lassen.
Dabei muss die Anwendung des Arzneimittels laut dem Bundesverwaltungsgericht zu einer größeren Zahl an therapeutischen Erfolgen führen, als seine Nichtanwendung. Bei Kombinationspräparaten ist eine ausreichende Begründung erforderlich, die darlegt, dass jeder einzelne Bestandteil tatsächlich einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet (§§ 22 Abs. 3a, 25 Abs. 2 Nr. 5a AMG).
Ja, die Zulassung kann nachträglich beschränkt oder beseitigt werden. Und zwar dann, wenn eine Zulassung eigentlich nicht hätte erteilt werden dürfen oder der freie Erwerb des Arzneimittels nicht mehr tragbar ist.
Die Entziehung der Zulassung kann unter den Voraussetzungen des § 30 AMG mittels Rücknahme oder Widerruf erfolgen. Die Rücknahme stellt die rückwirkende Entziehung bis zum Zeitpunkt ihrer Erteilung, der Widerruf die Entziehung für die Zukunft dar. Je nachdem, welcher Versagungsgrund aus § 25 Abs. 2 AMG vorliegt, kann oder muss die Entziehung der Zulassung erfolgen. In den Fällen, in denen die Entziehung erfolgen kann, die Behörde also die Entziehung nach eigenem Ermessen anordnen kann, aber nicht muss, kann auch lediglich das Ruhen der Entziehung angeordnet werden.
Lässt das BfArM ein Arzneimittel zu, was eigentlich nicht zugelassen werden hätte dürfen, und kommen dadurch Personen zu Schaden, haftet der Bund nach § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz (GG).
Die Zulassung kann aber gemäß § 31 AMG auch durch schriftlich erklärten Verzicht erlöschen. Darüber hinaus erlischt sie nach Ablauf von 5 Jahren automatisch, wenn nicht 6 Monate vor ihrem Ablauf ein entsprechender Antrag gestellt wird.
Ja. Wenn die Voraussetzungen für die Zulassung gegeben sind und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sie dennoch nicht erteilt, kann man beim Verwaltungsgericht auf ihre Erteilung klagen, wenn man zuvor einen entsprechenden Widerspruch eingelegt hat, der negativ beschieden wurde. Gleiches gilt, wenn die Zulassung unrechtmäßigerweise mit Auflagen versehen, entzogen oder beschränkt wurde (vgl. auch hier).
Ein Dritter, der sich gegen die Zulassung eines Arzneimittels für einen anderen wehren möchte, kann hiergegen vor dem Verwaltungsgericht weder Widerspruch einlegen noch Klage erheben. Er kann sich gegen einen Konkurrenten lediglich über eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs vor den Zivilgerichten wehren.
Ja, der Inhaber einer Zulassung kann sie übertragen. Die Zulassung ist produktgebunden. Für die Übertragung genügt eine Einigung zwischen dem bisherigen und dem neuen Inhaber. Dem BfArM ist der Wechsel der Inhaberschaft anzuzeigen, seine Zustimmung ist aber nicht erforderlich.
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Letzte Überarbeitung: 6. Februar 2013